Der Bundesrat verteidigt in seiner Botschaft zur Ecopop-Initiative erneut die Personenfreizügigkeit mit der EU. Das Volksbegehren würde aus seiner Sicht der Wirtschaft schaden. Für Problematisch hält die Regierung auch die Forderungen zur Entwicklungshilfe.
Der Bundesrat verabschiedete am Mittwoch die Botschaft zur Ecopop-Initiative und leitete sie dem Parlament zu. Bereits im Mai hatte er deren Ablehnung beschlossen, wie er es für die Zuwanderungs-Initiative der SVP tat. Beide Begehren stellen die Personenfreizügigkeit mit der EU in Frage.
Die Initiative der Umweltorganisation Ecopop verlangt eine fixe Obergrenze für die Zuwanderung: Netto soll die Schweizer Bevölkerung durch Zuwanderung nicht mehr als 0,2 Prozent pro Jahr wachsen. Zudem sollen mindestens zehn Prozent der Schweizer Entwicklungshilfe in die Förderung der freiwilligen Familienplanung fliessen. Darunter wird etwa die Aufklärung über Verhütungsmethoden verstanden.
Nach einer Rechnung des Bundesrates hätten 2012 mit der Obergrenze rund 88’000 Ausländerinnen und Ausland in die Schweiz einwandern dürfen. In den letzten fünf Jahren waren es aber durchschnittlich 141’500 Personen gewesen.
Schaden für die Wirtschaft befürchtet
Vor allem qualifizierte Arbeitskräfte könnten nicht mehr einreisen, da die Schweiz Flüchtlingen und Familienangehörigen von Schweizern und niedergelassenen Ausländern wegen völkerrechtlicher Verpflichtungen den Vorzug geben müsste.
Schaden würde dies der Wirtschaft. Heute werde die Zuwanderung von Arbeitskräften aus der EU in erster Linie durch den Bedarf der Wirtschaft beeinflusst, gibt die Regierung zu bedenken. Diese Migrationspolitik hat sich aus Sicht des Bundesrats bewährt und er will daran festhalten.
Schädlich wäre für die Wirtschaft auch eine weitere Folge der Initiative. Da das Personenfreizügigkeitsabkommen im Konflikt mit der Initiative steht, müsste es neu verhandelt und wohl gekündigt werden. Das hätte wegen der Guillotine-Klausel den Wegfall aller Verträge der Bilateralen I zur Folge.
Schliesslich fürchtet der Bundesrat auch einen grossen administrativen Aufwand, da wieder Kontingente eingeführt werden müssten für die zahlreichen Bewilligungskategorien. Da die Branchen unterschiedliche Interessen hätten, wäre dies laut Bundesrat eine «höchst komplexe Aufgabe».
Die Zweckbindung der Entwicklungshilfe zur Familienplanung lehnt der Bundesrat vor allem deswegen ab, weil er die Wirksamkeit in Frage stellt. Die hohe Geburtenzahl sei meist auf wirtschaftliche Gründe und nicht auf die fehlende Kenntnisse über Verhütungsmethoden zurückzuführen.
Einheit der Materie gewahrt
Kontroversen löst die Ecopop-Initiative auch zu ihrer Gültigkeit aus, da die Forderungen zur Zuwanderung und Entwicklungshilfe zwei verschiedene Themen betreffen. Dies wirft die Frage auf, ob die Einheit der Materie gewahrt ist. Wäre dies nicht der Fall, müsste das Parlament die Initiative für ungültig erklären.
Aus Sicht des Bundesrates bleibt die Einheit der Materie aber gewahrt, da die Forderungen in einem sachlichen Zusammenhang stünden. Sie seien verbunden durch das gemeinsame «Ziel der dauerhaften Sicherstellung der natürlichen Lebensgrundlagen».
Eine Reihe von Abstimmungen
In den nächsten Jahren stehen mehrere Abstimmungen zur Personenfreizügigkeit an. Die SVP-Initiative «Gegen Masseneinwanderung», die Kontingente fordert und eine Neuverhandlung des Abkommens mit der EU zur Folge hätte, kommt am 9. Februar vor das Volk.
Ebenfalls eine Abstimmung dürfte es zur Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf Kroatien geben. Die Ecopop-Initiative müssen die Räte bis im Mai des Wahljahres 2015 behandelt haben. Danach folgt die Abstimmung.
Hinter der Initiative «Stopp der Überbevölkerung» steht die Vereinigung Umwelt und Bevölkerung, kurz Ecopop. Die Gruppierung bezeichnet sich als Umweltorganisation, die sich mit Fokus auf die Bevölkerung für die Erhaltung der «Lebensgrundlagen und die Lebensqualität in der Schweiz und weltweit» einsetzt.