Der Bundesrat lockert die Vorschriften zur Arbeitszeiterfassung. Angestellte mit einem Bruttoeinkommen von über 120’000 Franken, die ihre Arbeitszeiten mehrheitlich selber bestimmen können, müssen künftig ihre Arbeitsstunden nicht mehr erfassen.
Voraussetzung dafür ist allerdings, dass diese Möglichkeit in einem Gesamtarbeitsvertrag (GAV) vorgesehen ist, wie der Bundesrat am Mittwoch bekannt gab. Er geht davon aus, dass weniger als zehn Prozent der Arbeitnehmenden mit dieser Regelung auf die Arbeitszeiterfassung verzichten können.
Eine Lockerung sieht der Bundesrat auch für weniger gut verdienende Angestellte vor: Wer seine Arbeitszeiten zu einem grossen Teil selber bestimmen kann, muss künftig nur noch die Gesamtdauer der täglichen Arbeitszeit dokumentieren.
Einzig bei Sonntags- und Nachtarbeit muss auch weiterhin Arbeitsbeginn und -ende festgehalten werden. Für diese vereinfachte Arbeitszeiterfassung braucht es keinen GAV, sondern nur eine kollektive Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und der Arbeitnehmervertretung.
Reaktion auf veränderte Arbeitsbedingungen
Die Arbeitswelt habe sich in den vergangenen Jahrzehnten stark verändert, begründet der Bundesrat die Lockerung der Vorschriften. Ein Grossteil der beruflichen Tätigkeiten zeichne sich heute durch örtliche und zeitliche Flexibilität aus. Diese Entwicklung führe dazu, dass das Arbeitsgesetz mit der realen Arbeitswelt nicht mehr übereinstimme.
Die nun präsentierte Lösung entspreche dem Bedürfnis nach mehr Flexibilität bei der Erfassung der Arbeitszeit und nach weniger Bürokratie. Gleichzeitig werde sichergestellt, dass die arbeitsgesetzlichen Vorgaben überprüfbar blieben und der Gesundheitsschutz nicht eingeschränkt werde.
Heute sind einzig Topmanager von der obligatorischen Arbeitszeiterfassung ausgenommen. Für Kaderleute mit Weisungsrecht und vollamtliche Projektleiter gilt seit dem 1. Januar 2014 eine vereinfachte Arbeitszeiterfassung. Für alle übrigen Angestellten muss die Arbeitszeit derzeit lückenlos dokumentiert werden.
Langjähriger Konflikt
Die Revision des Arbeitsgesetz-Verordnung tritt bereits auf Anfang nächstes Jahr in Kraft. Die neue Regelung beruht auf einem Kompromiss zwischen den Sozialpartnern. Diesem hatten die Spitzen der Arbeitgeber und Gewerkschaften unter Vermittlung des WBF im Frühling zugestimmt.
Der Konflikt um die Arbeitszeiterfassung schwelte bereits seit Jahren. Im Juli 2013 begrub das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) einen Lockerungsvorschlag für Arbeitnehmende mit einem Lohn von über 175’000 Franken.
Die Positionen der Sozialpartner lagen damals zu weit auseinander: Die Wirtschaft wünschte auch bei tieferen Lohnklassen mehr Flexibilität, die Gewerkschaften sahen den Arbeitnehmerschutz ausgehöhlt.