Sozialfirmen spielen eine wichtige Rolle zur Integration von Personen ohne Beschäftigung. Zu diesem Schluss kommt der Bundesrat in einem Bericht. Er sieht aber Verbesserungsmöglichkeiten: Die Sozialwerke könnten die Erwartungen an die Firmen klarer definieren.
Die Sozialwerke – beispielsweise die Invalidenversicherung und die Sozialhilfe – hätten eine Steuerungsfunktion, schreibt der Bundesrat im am Mittwoch veröffentlichten Bericht. Sie müssten die Erwartungen an die Sozialfirmen klar definieren und in Leistungsvereinbarungen festlegen.
Die Sozialfirmen wiederum sollen sich auf Veränderungen im Markt einstellen. Gefragt sei eine Diversifizierung. Dadurch werde das Betriebsrisiko auf verschiedene Zweige verteilt, und die Integrationsmassnahmen könnten besser an die Bedürfnisse der Klientinnen und Klienten angepasst werden, schreibt der Bundesrat.
Mehr Transparenz
Zu den weiteren wichtigen Faktoren zählt der Bericht einen transparenten Umgang mit Konkurrenz und Wettbewerb sowie klare Regeln zwischen den Sozialfirmen und den Sozialwerken zum Umgang mit finanziellen Überschüssen.
Neue gesetzliche Regeln braucht es aus Sicht des Bundesrates aber nicht. Das heutige System funktioniere gut, schreibt er. Sozialfirmen bildeten eine wichtige und sinnvolle Ergänzung zum regulären Arbeitsmarkt und anderen Massnahmen der Arbeitsintegration.
Arbeitsplätze für Benachteiligte
Als Sozialfirmen werden Unternehmen mit sozialen und wirtschaftlichen Zielen bezeichnet. Der Hauptzweck besteht darin, Arbeitsplätze und Integrationsangebote für Menschen zu schaffen, die auf dem regulären Arbeitsmarkt benachteiligt sind. In den vergangenen Jahren haben Sozialfirmen laut dem Bericht an Bedeutung gewonnen.
Hochgerechnet sind in der Schweiz über 400 Sozialfirmen tätig, die zwischen 42’000 und 54’000 Klientinnen und Klienten sowie zwischen 10’000 und 13’000 reguläre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen. Allerdings handle es sich dabei um eine grobe Schätzung, heisst es im Bericht.
Personen mit IV-Rente
Für die Studie wurden rund 300 Firmen untersucht. 50 Prozent gehören dem Dienstleistungssektor an, 47 Prozent dem Industriesektor und 3 Prozent der Land- und Forstwirtschaft. In der regulären Wirtschaft gehören 75 Prozent der Unternehmen dem Dienstleistungssektor an.
Zwei Drittel der untersuchten Sozialfirmen beschäftigen Personen mit IV-Rente. In einem Drittel sind Personen tätig, die Leistungen der Arbeitslosenversicherung beziehen, in einem weiteren Drittel junge Erwachsene mit Beschäftigungsproblemen. Ein Fünftel der Sozialfirmen beschäftigen suchtgefährdete Personen, Flüchtlinge oder Asylsuchende sowie Personen im Straf- und Massnahmenvollzug.
Kantonale Beiträge und Spenden
Mehr als zwei Drittel der Firmen sind entweder als Stiftung oder als Verein organisiert. Weitere fünf Prozent sind Genossenschaften. Lediglich sechs Prozent der Sozialfirmen sind Handelsgesellschaften nach Obligationenrecht. Hinzu kommen Rechtsformen der öffentlichen Verwaltung.
Berücksichtigt wurden nur Firmen, für die Markterlöse von Bedeutung sind. 83 Prozent erhalten auch kantonale Beiträge, 66 Prozent Spenden, 54 Prozent Klienten-Beiträge. Weiter aufgeschlüsselt wurden die Finanzierungsquellen nur für einen kleinen Teil der Organisationen.
Strukturwandel abfedern
Sozialfirmen befänden sich in einem Spannungsfeld zwischen wirtschaftlichen und sozialen Zielen, hält der Bericht fest. Ihr Handlungsspielraum sei oft eingeschränkt, und die verminderte Leistungsfähigkeit ihrer Belegschaft stelle sie vor Herausforderungen.
Der hohe Anteil von Sozialfirmen, die im Industriesektor tätig seien, lässt laut dem Bundesrat vermuten, dass Sozialfirmen den Strukturwandel abfedern. Sozialfirmen hätten auch deshalb eine zentrale Funktion, weil sie auf die Qualifizierung von Personen ohne Beschäftigung hinwirkten.
Zudem böten sie dauerhafte Beschäftigungsmöglichkeiten für Personen, deren Integration in den regulären Arbeitsmarkt aussichtslos sei. Inwieweit diese Funktion aufgrund der strukturellen Veränderungen an Bedeutung gewinnen werde, sei noch nicht absehbar.
Den Bericht legte der Bundesrat im Auftrag des Parlaments vor. Der Nationalrat hatte ein Postulat der Tessiner SP-Nationalrätin Marina Carobbio angenommen.