Die Staatsanwaltschaften sollen zur Bespitzelung von Straftätern bessere Überwachungsmittel erhalten. Bei der Aufklärung besonders schwerer Taten will der Bundesrat die Infiltrierung von Computern mit Staatstrojanern erlauben, trotz Kritik in der Vernehmlassung.
Die heutigen Möglichkeiten zur Aufklärung schwerer Straftaten haben aus Sicht des Bundesrates mit dem technologischen Fortschritt nicht Schritt gehalten. «Der Staat kann es sich aber nicht leisten, gewisse Kommunikationskanäle den Kriminellen zu überlassen», sagte Bundesrätin Simonetta Sommaruga am Mittwoch vor den Medien in Bern.
Ohne grossen Aufwand können Kriminelle heute laut der Justizministerin eine Verschlüsselung einsetzen, um sich einer Überwachung zu entziehen. Um in solchen Fällen ein Skype-Gespräch dennoch mithören zu können, sollen die Strafverfolgungsbehörden sogenannte «Government Software» einsetzen dürfen.
Diese Programme installieren Polizisten unbemerkt auf Computern, ähnlich wie Hacker. Die Software erlaubt den Behörden, die Aktivitäten auf einem Computer zu registrieren. Den Einsatz der Trojaner sieht der Bundesrat wie angekündigt in einer Totalrevision des Gesetzes zur Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF) vor. Er leitete das Gesetz am Mittwoch an das Parlament.
Schon heute lassen die Gerichte die Programme zu. Allerdings ist die Rechtslage umstritten. Bis Ende 2010 setzte der Bund vier Mal einen Trojaner ein, seither nicht mehr. Unbekannt ist, wie viele Male Kantone zur Spionagesoftware griffen.
Restriktiver Delikte-Katalog
Die Vernehmlassung hatte das Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) bereits 2010 abgeschlossen, wobei der Trojaner-Einsatz stark umstritten war. Die Programme stellten einen grossen Eingriff in die Grundrechte dar, räumte Sommaruga ein. Dass der Staat sie einsetzen wolle, wecke Ängste. Deshalb setze der Bundesrat für deren Einsatz enge Grenzen.
Die Schnüffelsoftware soll nur zum Einsatz kommen, wenn es um die Aufklärung besonders schwerer Straftaten geht. Der Einsatz soll restriktiver geregelt sein als beim Abhören von Telefongesprächen. Im Vordergrund stehen Tatbestände wie Terrorismusfinanzierung, kriminelle Organisation oder Kinderpornografie. Ausgeschlossen ist die präventive Überwachung.
Zudem dürfen die Trojaner nicht für alles genutzt werden, zu dem sie fähig sind. Die Behörden dürfen nur Gespräche mithören oder E-Mails mitlesen sowie Daten zu Absender, Empfänger und ähnlichem erheben. Verboten ist es aber, die Festplatte zu durchsuchen oder eine Webcam zu einer Spionage-Kamera umzuprogrammieren.
Die Einsätze muss zudem wie schon heute ein Zwangsmassnahmegericht bewilligen, Zufallsfunde dürfen nicht verwendet werden und es gibt auch eine Beschwerdemöglichkeit im Nachhinein.
Neu 12 Monate Vorratsdatenhaltung
Im Zuge der Modernisierung des BÜPF will der Bundesrat auch die Aufbewahrungsfrist für die sogenannten Randdaten von sechs auf zwölf Monate verlängern. Randdaten geben Auskunft, wer mit wem wann und wie lange telefoniert hat. Oft dauere es länger als sechs Monate, bis die Behörden eine Überwachung anordnen könnten, begründete Sommaruga den Entscheid.
Neu sollen Telefon-, Post- und E-Mail-Überwachungen auch bei flüchtigen Verurteilten sowie vermissten Personen zur Notsuche möglich sein, in diesen Fällen auch ohne vorgängige Bewilligung.
Markant ausweiten will der Bundesrat ausserdem den Kreis der Unternehmen, die eine angeordnete Überwachung unterstützen müssen. Heute sind die Post, Telekom- und Internet-Anbieter inklusive Provider und E-Mail-Anbieter dazu verpflichtet.
Neu müssen unter anderen auch Betreiber von Chatforen und firmeninternen Fernmeldenetzen sowie Hotels, Spitäler und Schulen Hand bieten. Letztere sollen aber eine Überwachung lediglich tolerieren müssen und sie nicht selbst durchführen.