Der Bundesrat will die flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit verschärfen, wie er es letzten Sommer angekündigt hat. Er hat am Freitag seine in der Vernehmlassung positiv aufgenommenen Vorschläge dem Parlament zugeleitet.
Geplant sind unter anderem neue Sanktionsmöglichkeiten bei Verstössen gegen zwingende Lohn- und Arbeitsbedingungen sowie bei Scheinselbständigkeit. Dazu sollen das Entsendegesetz sowie das Bundesgesetz über die Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Gesamtarbeitsverträgen geändert werden.
So sollen selbständige Dienstleister aus der EU, die in der Schweiz arbeiten, in Zukunft an Ort und Stelle mit Dokumenten beweisen müssen, dass sie auch tatsächlich selbständig erwerbend sind.
Scheinselbständige an der Arbeit hindern
Bleiben sie den Beweis schuldig, können sie an der Weiterarbeit gehindert werden. Werden sie als scheinselbständig identifiziert, droht ihnen eine Busse bis zu 5000 Franken.
Untersuchungen der letzten Jahre hatten gezeigt, dass selbständige Dienstleistungsanbieter aus dem Ausland – insbesondere Plattenleger, Maler, Gipser und Schreiner – de facto nicht immer selbständig waren.
Im Jahr 2011 meldeten sich ungefähr 14’500 selbständige Dienstleistungserbringer aus der EU für einen Einsatz in der Schweiz an, dreimal so viel wie 2005. Gemäss Untersuchungen der paritätischen Kommissionen könnte 2010 der Anteil der Scheinselbständigen bei 23 Prozent gelegen haben. Eine Untersuchung der Kantone eruierte eine Missbrauchsquote von 15 Prozent.
Da Scheinselbständige keinem allgemeinverbindlichen Gesamtarbeitsvertrag unterstehen, können sie arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Schutznormen für Personal unterlaufen. Sie haben dadurch tiefere Kosten. Diese fallen noch tiefer aus, weil sie weder Aufwand für die Akquisition von Aufträgen betreiben noch ein Materiallager führen müssen.
Bussen Mindestlohn-Verstösse
Weiter will der Bundesrat auch verstärkt gegen fehlbare Entsendebetriebe vorgehen. Bereits heute können solche Betriebe, bei Verstössen mit einem Dienstleistungsverbot von bis zu fünf Jahren belegt werden. Neu sollen ihnen saftige Bussen von bis zu 40’000 Franken drohen, wenn sie dennoch Mitarbeiter in die Schweiz entsenden.
Mit Bussen von bis zu 5000 Franken rechnen müssen neu auch Schweizer Arbeitgeber, die gegen zwingende Mindestlöhne in Normalarbeitsverträgen (NAV) verstossen. Damit wird eine Gesetzeslücke geschlossen, denn heute drohen solche Bussen nur ausländischen Firmen, welche die NAV-Mindestlöhne missachten.
Zurzeit gibt es einen nationalen NAV für die Hauswirtschaft sowie sechs kantonale NAV in Genf (Kosmetik, Hauswirtschaft), im Wallis (Industriereinigung) und Tessin (Schönheitssalons, Call-Center und Reifengaragen).