Bundesrat sieht dringliche Änderung nicht als Verschärfung

Als eine wichtige Etappe in der umfassenden Asylreform, aber nicht als Verschärfung wertet der Bundesrat die dringlichen Änderungen im Asylgesetz, über die am 9. Juni abgestimmt wird. Justizministerin Simonetta Sommaruga eröffnete am Montag die Abstimmungskampagne.

Justizministerin Simonetta Sommaruga wirbt für das geänderte Asylgesetz (Bild: sda)

Als eine wichtige Etappe in der umfassenden Asylreform, aber nicht als Verschärfung wertet der Bundesrat die dringlichen Änderungen im Asylgesetz, über die am 9. Juni abgestimmt wird. Justizministerin Simonetta Sommaruga eröffnete am Montag die Abstimmungskampagne.

Während die Gegner die dringlich beschlossenen Änderungen im Asylwesen als Verschärfung empfinden und deshalb das Referendum ergriffen haben, ist die Revision für Bundesrätin Sommaruga ein wichtiger Schritt in einer längeren Reform. Sie würde die Änderungen nicht als Verschärfung bezeichnen, sagte sie vor den Medien in Bern.

Sommaruga streifte die von den Linken und Migrationsorganisationen am schärfsten kritisierten Punkte nur am Rande: die Abschaffung des Botschaftsasyls und der Ausschluss von Wehrdienstverweigerung als Asylgrund. Sie machte deutlich, dass die Auswirkungen der Massnahmen bislang eher gering sind.

Keine Einschränkung des Flüchtlingsbegriffs

Wenn jemandem im Heimatland Verfolgung oder eine unverhältnismässig hohe Strafe drohe, erhalte er weiterhin Asyl, sagte Sommaruga. Bei Wehrdienstverweigerern aus Eritrea, auf die der Passus gemünzt ist, sei dies der Fall. Das Parlament habe den Flüchtlingsbegriff nicht eingeschränkt. Nach den bisherigen Auswirkungen gefragt, wollte Sommaruga aber keine Zahlen nennen.

Auswege gibt es laut Sommaruga auch für den Wegfall der Möglichkeit, in einer Schweizer Botschaft ein Asylgesuch zu stellen. Sehr oft diene dieses der Familienzusammenführung – und die bleibe weiterhin möglich. Die Schweiz war zudem das einzige europäische Land, das Botschaftsgesuche noch zugelassen habe.

«Verfolgte erhalten weiterhin Schutz in der Schweiz», sagte Sommaruga zusammenfassend zu den Änderungen. Anders beurteilen die Gegner die Massnahmen. Der Wegfall des Botschaftsasyls treffe die Schwächsten: Frauen und Kinder müssten auf gefährliche Fluchtwege und Schlepperbanden ausweichen.

Schritt in die richtige Richtung

Sommaruga setzte die dringlichen Änderungen in Zusammenhang mit der laufenden Asylreform des Bundes und der Kantone. Beide Pakete sollen dafür sorgen, dass die langen Verfahren beschleunigt und damit fairer werden sowie Missbräuche bekämpft werden. Das steigere die Akzeptanz der Asylpolitik in der Bevölkerung.

Es gehe nicht an, dass Asylsuchende Monate oder Jahre auf einen Entscheid warten müssten. Das sei nicht förderlich für die Integration, sagte die SP-Bundesrätin.

Die Neustrukturierung des Asylwesens mit deutlich kürzeren Asylverfahren sei aber nicht von einem Tag auf den anderen möglich. Die dringlichen Änderungen erlaubten jedoch schon heute, die neuen Verfahren zu erproben. «Das ist sinnvoll.»

Diese Teile der Reform stehen für Sommaruga im Vordergrund. Sie ermöglichen beispielsweise, ein Testzentrum in der Stadt Zürich, in dem die neuen Regeln bereits angewandt werden sollen. Die Details sind dazu derzeit in Abklärung.

In Zukunft sollen die meisten Asylverfahren in 100 Tagen abgeschlossen sein. Während dieser Zeit beherbergt der Bund die Asylsuchenden in eigenen Zentren, in denen alle Verfahrensbeteiligte – Dolmetscher, Rechtsvertreter, Behörden – untergebracht sind.

Keine Blockade möglich

Der Bund benötigt mit dem neuen System markant mehr Plätze für Asylsuchende: rund 6000, weniger als 2000 gegenüber heute. Dank der dringlichen Änderungen kann der Bund eigene Bauten – etwa Armeeunterkünfte – während dreier Jahre als Asylheime nutzen, ohne dass Standortkanton oder -gemeinde dies verhindern können.

Zwar verzichteten die Kantone damit auf eine Kompetenz, sagte Hans-Jürg Käser, Berner Justizdirektor und Präsident der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD). Es werde aber auch ihrem Wunsch entsprochen, dass Asylsuchende länger in Obhut des Bundes bleiben und nicht an die Kantone verteilt werden sollen. Deshalb stellten sich auch die Kantone hinter die Änderungen.

Die Schaffung von Zentren für renitente Asylbewerber ist ein weiterer Teil der Revision. Wo diese zu stehen kommen könnten, hat der Bund noch nicht bekannt gegeben. Es gebe «verschiedene Überlegungen», aber noch keine Entscheide, sagte Sommaruga. Die Planungen sollen vorangetrieben werden.

Da das Parlament die Änderungen im Asylgesetz als dringlich verabschiedet hat, sind sie bereits in Kraft. Sagt das Volk im Juni Nein, fallen die Massnahmen Ende September dahin. Bei einem Ja sind sie bis Ende September 2015 befristet.

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