Der Bundesrat sieht weiterhin keinen Anlass, an der Grenze wieder systematische Kontrollen durchzuführen. Die Forderung war aus der SVP-Fraktion laut geworden, weil seit letzter Woche an den Grenzen von Deutschland, Österreich und Slowenien wieder kontrolliert wird.
Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga sprach sich am Montag in der Fragestunde des Nationalrats am Montag gegen vermehrte Kontrollen an den Schweizer Grenzübergängen aus. Beim Vorgehen der Nachbarländer handle es sich sich um temporäre Grenzkontrollen zur Abwehr einer schwerwiegenden Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit. Die EU-Kommission habe inzwischen bestätigt, dass das Vorgehen Schengen-konform sei.
Weder seien die Schengen-Regeln ausgesetzt noch die Grenzen geschlossen worden. Für Schutzsuchende seien die Grenzen der drei Länder nach wie vor offen, erklärte Sommaruga. Wenn also jemand ein Asylgesuch stelle, sei der betreffende Staat verpflichtet, diese Person aufzunehmen.
In der Schweiz sind die Voraussetzungen für die vorübergehende Wiedereinführung von Grenzkontrollen gemäss der Bundespräsidentin derzeit nicht gegeben. Weder die öffentliche Ordnung noch die innere Sicherheit seien zurzeit ernsthaft bedroht, bekräftigte Sommaruga die Haltung des Bundesrats. Das Grenzwachtkorps habe seine Präsenz in den Grenzregionen verstärkt, es gebe zur Zeit keinen Anlass für einen Armeeeinsatz.
Einen solchen verlangt die SVP mit einer Motion. Letzte Woche hatte die Fraktion eine ausserordentliche Session zu dem Thema gefordert. Diese findet aber erst in der Wintersession statt.
Keine nationale Lösung
Sommaruga erinnerte in der Fragestunde daran, dass der Bundesrat eine Lösung für die Flüchtlingskrise nicht auf nationaler Ebene, sondern in der Zusammenarbeit innerhalb von Europa sucht. Am Freitag hat die Regierung im Grundsatz beschlossen, dass sich die Schweiz an einem europäischen Umverteilungsprogramm beteiligen wird.
Dies geht in einem ersten Schritt zu Lasten der im März beschlossenen Aufnahme von 3000 Flüchtlingen aus Syrien – 2000 im Rahmen eines Resettlement-Programms des UNO-Flüchtlingshilfswerks UNHCR, 1000 mit einem humanitären Visum. Bisher sind allerdings erst 56 Personen in die Schweiz eingereist. Bis Ende Jahr sollen es 300 sein, wie Sommaruga auf eine Frage hin im Nationalrat erklärte.
Ein Grund für die harzige Umsetzung ist, dass die Personen durch den Nachrichtendienst geprüft, Papiere beschafft und die Reisen organisiert werden müssen. Zudem ist laut Sommaruga die Nachfrage nach humanitären Visa gering.
Diese sind vor allem für die engsten Familienangehörigen von Personen vorgesehen, die bereits in der Schweiz vorläufig aufgenommen wurden. Die meisten von ihnen sind aber bereits mit den erleichterten Visabestimmungen in die Schweiz gekommen, die Sommaruga im Herbst 2013 während einiger Wochen angeordnet hat.