Der Bundesrat lehnt die Vollgeld-Initiative ohne Gegenvorschlag ab. Diese halte nicht, was sie verspreche, erklärte Finanzminister Ueli Maurer am Mittwoch.
Die Initiative «Für krisensicheres Geld: Geldschöpfung allein durch die Nationalbank! (Vollgeld-Initiative)» verspricht vor allem mehr Sicherheit. Im heutigen System schaffen Banken dauernd neues Geld, indem sie Kredite vergeben. Gemäss den Initianten macht dieses fiktive Buchgeld etwa 90 Prozent der Geldmenge aus.
Auf einem Bankkonto seien also keine echten Franken, es handle sich bloss um ein Versprechen der Bank auf echte Franken, argumentieren sie. Dieses System bereitet in den Augen der Initianten den Boden für Finanzblasen. Sie stören sich auch daran, dass die Schaffung von Geld heute typischerweise mit der Begründung neuer Schulden verbunden ist. Das wollen sie mit der Vollgeld-Initiative ändern.
Trügerischer Schutz
Die Schweizerischen Nationalbank (SNB) soll das Monopol zur Ausgabe von Buchgeld erhalten. Weil Zahlungsverkehrskonten bei den Geschäftsbanken damit vollständig mit SNB-Geld finanziert würden, wären sie gegen Ausfallrisiken und Bankruns geschützt. Um zu verhindern, dass die Schaffung von Geld zu neuen Schulden führt, soll die Nationalbank Geld ohne Gegenleistung dem Bund, den Kantonen oder den Bürgerinnen und Bürgern verteilen.
Das töne zunächst ganz angenehm, sagte Maurer vor den Bundeshausmedien. Doch die Initiative führe zu unvorhersehbaren Risiken für die Finanzbranche und die Wirtschaft. «Der volkswirtschaftliche Schaden könnte sehr, sehr gross sein.»
In der am Mittwoch veröffentlichten Botschaft weist der Bundesrat darauf hin, dass die Schweiz mit dem Umbau des Geld- und Währungssystems Neuland betreten würde. Wegen der Unsicherheit sei mit Verwerfungen im Finanzsektor zu rechnen.
Das Gewinnpotenzial der Banken würde abnehmen, der Druck auf die Margen nähme zu. Der Bundesrat erinnert auch daran, dass sich die Initiative nur auf Sichteinlagen bezieht. Andere Anlageformen wie Sparkonten mit einer Bezugsfrist oder Termineinlagen seien weiterhin Risiken ausgesetzt, schreibt er. Bankenkrisen wären nach wie vor möglich.
Geteiltes Anliegen
«Die Sicherheit, die die Initiative vorgaukelt, gibt es auch bei einen neuen System nicht», sagte Maurer dazu. Das Risiko einer Bankenkrise lasse sich nie ganz ausschliessen. Der Bundesrat teile aber das Anliegen der Initianten nach grösstmöglicher Sicherheit.
Dieses wird laut Maurer heute auf anderem Weg erreicht. Der Finanzminister erinnert daran, dass seit der Finanz- und Bankenkrise grosse Anstrengungen in die Richtung unternommen worden seien.
Einlagen auf Bankkonten seien bis zu einem Betrag von 100’000 Franken geschützt. Die Aufsicht durch die FINMA sei gestärkt worden, das erlaube es, Risiken frühzeitig zu erkennen. Ausserdem führten die verschärften Liquiditätsvorschriften für Banken zu mehr Sicherheit.
Spielball der Politik
Laut Maurer würde die Annahme der Initiative dazu führen, dass die Nationalbank politisiert würde. Diese könnte kaum mehr unabhängig Geld- und Währungspolitik machen, sagte er. «Es besteht die Gefahr, dass sie unter einem gewaltigen politischen Druck stehen würde.»
Der Bundesrat beantragt dem Parlament daher, die Vollgeld-Initiative abzulehnen. Mit Hinweis auf die bereits unternommenen Schritte zur Stabilisierung des Finanzsystems will er auch keinen Gegenvorschlag dazu ausarbeiten.