Nach harscher Kritik in Politik und Medien hat Bundesrat Ueli Maurer das Vorgehen der Schweizer Grenzwächter im Tessin verteidigt. Das Grenzwachtkorps wende lediglich das Gesetz an, wenn es Asylsuchende auf der Durchreise nach Italien zurückschicke.
«Es läuft alles korrekt ab», sagte Maurer in einem am Donnerstagabend vorab veröffentlichten Interview, das in den «Schaffhauser Nachrichten», dem «St. Galler Tagblatt» und der «Neuen Luzerner Zeitung» erscheint. Auf die Frage, ob die Grenzwächter manchen Migranten verweigerten, Asyl in der Schweiz zu beantragen, sagte Maurer: «Das stimmt nicht.»
Nicht die Praxis habe geändert, sondern «der Kundenkreis, der an die Grenze kommt», sagte er weiter. «Viele Migranten wollen gar kein Asyl, sondern wollen nach Deutschland weiterreisen.»
Wenn die Grenzwächter merkten, dass dies der Fall sei, würden diese weggewiesen – auch wenn sie mit einem «Zettel» von einem Hilfswerk kämen, auf dem «Asyl» stehe. Daraus zu schliessen, die Grenzwächter würden Leute daran hindern, ein Asylgesuch zu stellen, entbehre jeglicher Grundlage, sagte Maurer.
«Hat eine Person keine gültigen Papiere und kein Visum, lassen wir sie nicht durch. So will es das Gesetz.» Deutschland mache das gleiche mit Leuten, die ohne gültige Papiere aus der Schweiz einreisen wollten.
Verärgerte Gewerkschaft
Im italienischen Como sind seit Mitte Juli rund 500 Menschen gestrandet, die an der Grenze zur Schweiz zurückgewiesen wurden. Dies wurde in den vergangenen Wochen kontrovers diskutiert. Hilfswerke und vorwiegend linke Politiker kritisierten die Praxis der Schweiz.
Ausserdem forderte die Gewerkschaft Garanto, welche die Grenzwächter vertritt, am Donnerstagabend «Klarheit» von Maurer. Die Öffentlichkeit wisse, dass im Tessin mehr Grenzwächter postiert seien und abgewiesene illegal Einreisende nicht über die Grenze gelassen würden, schrieb Garanto.
Als oberster Verantwortlicher des Grenzwachtskorps müsse Finanzminister Maurer sich öffentlich hinter die Arbeit seines Personals stellen und diese Arbeit den Bürgerinnen und Bürgern erklären, forderte die Gewerkschaft. Maurer müsse dem Vorwurf entgegentreten, die Grenzwächter wendeten das Gesetz nicht an und hinderten Flüchtlinge an einem Asylantrag.
Nach Tagen des Schweigens zeigt sich Maurer nun im Interview verärgert über die Kritik: «Ich finde es ehrlich gesagt eine verdammte Frechheit, dass man mir – nur weil ich in der SVP bin – von gewissen Seiten ein unkorrektes Vorgehen unterstellt.» Wenn Vorwürfe erhoben würden, gehe man diesen Fällen nach. «Wir haben noch keinen Fehler festgestellt.»
Italien soll handeln
Zur Lage in Como – Flüchtlinge hausen dort am Bahnhof und in einem Park – sagte Maurer, die Situation lasse sich «im Moment» verantworten. «Ändert das Wetter, muss sich Italien etwas einfallen lasse – die Container, die jetzt eingerichtet werden, sind ein Anfang.»
Zur Zusammenarbeit mit Italien sagte Maurer, er habe bei einem Treffen den italienischen Innenminister daran erinnert, dass Italien als Schengen-Mitglied verpflichtet sei, abgewiesene Migranten zurückzunehmen. «Wir wollen, dass die Leute richtig betreut werden und nicht irgendwo an der Grenze stehen.» Die Zusammenarbeit mit Italien habe sich in der Zwischenzeit markant verbessert. Ein spezielles Abkommen gebe es aber nicht.
Mehr Asylanträge als vor Jahresfrist
Auch der Tessiner Sicherheitsdirektor Norman Gobbi verteidigte in einem Interview mit der «Schweizer Illustrierten» die Abweisungen: Zurückgeschickt würden nur jene, die bereits irgendwo registriert seien oder nach Deutschland wollten. «Ein Migrant kann nicht auswählen, wo er leben möchte – das verstösst gegen das Gesetz.»
Der Politiker der Rechtspartei Lega würde es zudem begrüssen, wenn die Militärpolizei an der Grenze eingesetzt würde. Derzeit würden die Grenzwächter von «Kollegen aus dem ganzen Tessin» unterstützt. Diese müssten aber wieder zurück zu ihren eigentlichen Aufgaben.