Während die Bauern das Rad der Zeit zurückdrehen wollen, bleibt der Bundesrat in der Landwirtschaftspolitik auf dem eingeschlagenen Kurs. Für die Bauern heisst das vor allem: Mehr Effizienz, mehr Markt. Für das Anliegen der Ernährungssicherheits-Initiative hat der Bundesrat aber grundsätzlich Verständnis.
Am Mittwoch hat er einerseits beschlossen, dieser einen direkten Gegenvorschlag gegenüberzustellen. Andererseits hat er die Leitlinien seiner Landwirtschaftspolitik über die laufende Periode 2014-2017 hinaus festgelegt. Eine neue Agrarreform ist nicht geplant, der Druck auf die Bauern könnte aber trotzdem zunehmen.
«Ich will unternehmerisch denkende Betriebe», sagte Bundesrat Johann Schneider-Ammann am Mittwoch vor den Bundeshausmedien. Diese müssten sich in Zukunft noch stärker am Markt ausrichten und das produzieren, was verlangt werde. Wettbewerbsfähiger sollen die Bauern auch durch eine konsequent umgesetzte Qualitätsstrategie werden.
Mehr Ertrag
Zudem sollen sie effizienter produzieren, gleichzeitig aber sorgfältig mit dem Boden und den natürlichen Ressourcen umgehen – mit gleich viel Dünger mehr Ertrag erzielen, wie es Schneider-Ammann formulierte. Um ihnen dies zu erleichtern, sollen unter anderem bürokratische Auflagen gesenkt werden.
Wie viel Geld die Bauern für die Periode 2018-2021 erhalten, hat der Bundesrat noch nicht entschieden. Einen Vorschlag für einen Zahlungsrahmen will er dem Parlament Ende nächsten Jahres unterbreiten.
Seine Landwirtschaftspolitik will er vorerst ohne Gesetzesänderungen, sondern auf Verordnungsstufe verwirklichen. Die Umsetzung der Agrarpolitik 2014-2017 sei auf acht Jahre angelegt, sagte Schneider-Ammann. Er erwarte darum, dass sich das Parlament zurückhalte und es dem Bundesrat überlasse, wenn nötig korrigierend einzugreifen.
Widerstand der Bauern
Ob diese Erwartung erfüllt wird, ist angesichts des Widerstands der Bauern gegen die Folgen der aktuellen Agrarpolitik fraglich. Wenig hilfreich dürfte in dem Zusammenhang auch sein, dass der Bundesrat von der Landwirtschaft nun auch noch einen Beitrag von 128 Millionen Franken an die die Sparübungen der nächsten Jahre verlangt. Darüber entscheidet das Parlament in der Wintersession.
Als Reaktion auf die Agrarpolitik 2014-2017 hat der Schweizerische Bauernverband bereits die Ernährungssicherheits-Initiative lanciert und im Juli mit fast 150’000 Unterschriften eingereicht. Diese verlangt eine Stärkung der einheimischen Lebensmittelproduktion und die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Bauern.
Einer Grundsatzdiskussion über die Ausrichtung der Schweizer Landwirtschaft wird sich der Bundesrat also auf jeden Fall stellen müssen. In diese will er sich mit einem direkten Gegenvorschlag aktiv einbringen.
Einseitige Initiative
Noch ist der Text nicht ausformuliert, Schneider-Ammann skizzierte aber die Stossrichtung des neuen Verfassungsartikels: Vor allem solle dieser, anders als die einseitige und unvollständige Initiative, Ernährungssicherheit in einem umfassenden Sinn definieren, sagte er.
Den Bundesrat stört insbesondere, dass sich die Initiative allein auf die inländische Produktion bezieht. «Allein damit ist die Ernährungssicherheit nicht zu haben», sagte Schneider-Ammann. Er erinnerte daran, dass der Selbstversorgungsgrad der Schweiz heute bei 60 Prozent liege.
Darum sei es wichtig, den Import der fehlenden Nahrungsmittel sicherstellen zu können. Zu diesem Zweck will der Bundesrat auch die globale Ernährungssicherheit unterstützen. Wie genau dies geschehen soll, ist unklar, Schneider-Ammann blieb zu der Frage vage. Sein Departement hat nun bis im Februar Zeit, einen Entwurf auszuarbeiten.
Dieser wird das Kernthema der Initiative, die Ernährungssicherheit, aufnehmen und in der Verfassung verankern: Auch der Gegenvorschlag soll den Bundesrat verpflichten, Massnahmen zur langfristigen Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln zu treffen. Allerdings hat der Bundesrat dabei nicht nur die Landwirtschaft, sondern die ganze Ernährungswirtschaft im Auge.
Weitere Ziele sind die Sicherung der Grundlagen für die landwirtschaftliche Produktion und die Förderung einer standortgerechten und ressourceneffizienten Produktion. So soll der Gegenvorschlag eine «glaubhafte Antwort geben» auf die Fragen der Ernährungssicherheit, sagte Schneider-Ammann. Es handle sich dabei um eine der grössten Herausforderungen der Zukunft.