Die neue HIV-Kampagne «Love life – und bereue nichts» des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) ist aus Sicht des Bundesrates ein Erfolg. Die Kritik, die Plakate seien zu vulgär oder gar pornografisch, weist er zurück.
Die Kampagne habe nichts mit Pornografie zu tun, schreibt der Bundesrat in seinen Antworten auf mehrere Vorstösse aus den Reihen der EVP und der CVP. Pornografie klammere wichtige Aspekte der Sexualität aus, insbesondere Verantwortung. Damit stehe sie in Widerspruch zu den Botschaften der Kampagne, die Selbstbestimmung und Verantwortung als zentrale Werte vermittle, argumentiert der Bundesrat.
Ihm sei zwar bewusst, dass die Reaktionen auf die Kampagne je nach Wertvorstellungen und Haltungen unterschiedlich sein könnten. Gleichzeitig sei er aber überzeugt, dass die Kampagne die «Grenze des gesellschaftlich Zumutbaren nicht überschreitet».
Experten der Sexualpädagogik seien der Meinung, dass die Bilder der Kampagne Minderjährigen nicht schadeten, schreibt der Bundesrat in den am Donnerstag veröffentlichten Antworten weiter. «Wenn Kinder aufgrund der Kampagne Fragen zur Sexualität stellen, gibt dies die Gelegenheit, diese Fragen altersgerecht zu beantworten.»
«Grosse Resonanz»
Der Bundesrat verweist auch auf die Resonanz der Kampagne: Im ersten Monat der Kampagne wurde 86’000 Mal Ja zum LOVE LIFE-Manifest gesagt; über eine halbe Million Menschen schauten sich auf YouTube den Film an. Dies zeige, dass die Kampagne HIV und Safer Sex wieder habe zum Thema machen können. Ein Abbruch der Kampagne kommt für den Bundesrat deshalb nicht in Frage.
Gestartet hatte das BAG die Kampagne im Mai mit einem Aufruf, am Casting für die Plakatsujets teilzunehmen. 250 Personen meldeten sich. Fünf Paare wurden schliesslich ausgewählt und von der Starfotografin Diana Scheunemann in eindeutiger Pose fotografiert.
Kritik an Kampagne zur Organspende
Zu zurückhaltend ist der Bund nach Ansicht von Ständerat Felix Gutzwiller (FDP/ZH) hingegen bei einer anderen Kampagne – derjenigen für Organspenden.
Der Bund habe in den letzten Jahren immer wieder relativ kostspielige Kampagnen zur Organspende lanciert, schreibt der Gesundheitspolitiker. Doch die Ablehnungsrate sei von rund 40 Prozent im Jahr 2008 auf 50 Prozent im Jahr 2013 gestiegen. Gutzwiller regt deshalb an, dass der Bund, statt neutral zu informieren, sich explizit für die Organspende ausspricht.
In seiner Antwort verweist der Bundesrat jedoch darauf, dass das Gesetz einzig die Information der Bevölkerung und nicht einen Aufruf zur Spende vorsieht. Der Bund bewahre zur Spendenfrage eine zurückhaltende Haltung: Jede Person soll frei entscheiden, ob sie Organe spenden will oder nicht.
Künftig möchte der Bundesrat den Spielraum, den er bei der Information der Bevölkerung hat, aber «weitmöglichst und noch stärker als bisher nutzen».