Der Bundesrat will rechtliche Lücken beim Umgang mit Social-Media-Plattformen wie Facebook oder Twitter stopfen. Grundsätzlich sind aber aus Sicht der Regierung nicht fehlende Regeln das Problem, sondern deren Durchsetzung.
Als ausländische Unternehmen sind Internetgiganten nur bedingt an Schweizer Recht gebunden, wie das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) mitteilte. Vom Parlament dazu aufgefordert, hat der Bundesrat in einem heute veröffentlichten Bericht die rechtlichen Herausforderungen im Zusammenhang mit sozialen Netzwerken im Internet aufgezeigt.
Gemäss der Regierung lässt sich das Regelwerk des analogen Zeitalters auf das digitale übertragen. Persönlichkeitsverletzende Äusserungen auf Blogs lassen sich verfolgen, strafbare Handlungen wie harte Pornografie sind im Internet ebenso verboten und das Datenschutzgesetz setzt Leitplanken für den Umgang mit Nutzerdaten.
Die Praxis relativiert jedoch diese Feststellungen: Ob Private ihre Rechtsansprüche gegenüber den sozialen Netzwerken auch durchsetzen können, sei ungewiss, hält der Bundesrat fest. «Selbst das Vorliegen eines rechtskräftigen Urteils eines Schweizer Gerichts garantiert nicht, dass dieses im Ausland auch umgesetzt wird.»
Gratis – aber nicht kostenlos
Grundsätzliche Probleme ortet der Bundesrat beim Datenschutz. Es sind die gleichen, die auch auf europäischer Ebene immer wieder zu Diskussionen führen: Zum Beispiel, dass es vielen Nutzern am Bewusstsein mangelt, was mit ihren Daten passiert. Soziale Netzwerke bieten ihre Leistungen gratis an und verdienen ihr Geld mit dem Verkauf der persönlichen Daten der Nutzer.
Weitere Themen sind die mangelnde Kontrolle der Nutzer über ihre Daten, das Recht auf Vergessenwerden im nicht vergessenden Internet, Gesichtserkennungssoftware, die Erstellung von Persönlichkeitsprofilen oder die Mitnahme von Nutzerdaten von einem sozialen Netzwerk zum andern.
Verzicht auf spezifische Social-Media-Regeln
Ob für solche Fragen Regelungsbedarf besteht, damit befasst sich laut Bundesrat eine Arbeitsgruppe, die mit der Revision des Datenschutzgesetzes beschäftigt ist. Bis Ende 2014 soll das Eidgenössische Departement für Justiz und Polizei (EJPD) dem Bundesrat Vorschläge unterbreiten.
Als Beispiel für eine mögliche Regelung nennt die Regierung die Pflicht zu «datenschutzfreundlichen» Voreinstellungen. Das heisst, eine Plattform soll standardmässig restriktive Optionen einstellen. Der Nutzer soll diese nicht selbst suchen und einstellen müssen.
Der Bundesrat warnt allerdings schon jetzt vor einer Überregulierung. Da sich das Internet rasch wandle, könne ein vorschnelles Handeln zu unbeabsichtigten Wirkungen führen. Zudem will er die internationalen Entwicklungen im Auge behalten, da es sich meist um grenzüberschreitende Kommunikation handle.
Haftung von Blog-Anbietern
Angehen will der Bundesrat die Haftungsregelung von Internet-Providern. Er reagiert damit auf ein Urteil des Bundesgerichts, welches den Fall eines Blogs auf der Internetseite der Genfer Tageszeitung «Tribune de Genève» zu beurteilen hatte. Das Gericht hielt dabei fest, dass die Zeitung eine Haftung übernehmen muss für persönlichkeitsverletzende Beiträge auf dem Blog.
Das traf auf Kritik, da in der EU eine solche Haftung ausgeschlossen oder restriktiver geregelt ist. In welche Richtung die zivilrechtliche Verantwortlichkeit von Internet-Providern oder Betreibern von Social-Media-Plattformen geregelt werden soll, lässt der Bundesrat indes offen.
Kein Spezialgesetz
Während er viele offene Fragen näher abklären will, erteilt der Bundesrat einem Social-Media-Spezialgesetz eine klare Absage. Ein solches brachte Viola Amherd (CVP/VS) ins Spiel, mit deren Postulat der Bericht ausgelöst wurde. Sie verglich Social Media mit Radio und Fernsehen, für die ein Gesetz existiert. Den gleichen Bedarf gibt es aus Sicht des Bundesrates nicht für Social Media.