Bundesrat will keine Kündigung der Menschenrechtskonvention

Eine Kündigung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) kommt für den Bundesrat nicht in Frage. Dies sei keine Option, auch wenn nicht alle Strassburger Urteile gleichermassen überzeugen könnten, schreibt er in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht.

SVP-Vizepraesident Christoph Blocher spricht an der Delegiertenversammlung der Schweizerischen Volkspartei, SVP, am Samstag, 25. Oktober 2014, im Mehrzweckgebaeude Letzisaal in Rothenthurm, SZ. (KEYSTONE/Sigi Tischler) (Bild: Keystone/SIGI TISCHLER)

Eine Kündigung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) kommt für den Bundesrat nicht in Frage. Dies sei keine Option, auch wenn nicht alle Strassburger Urteile gleichermassen überzeugen könnten, schreibt er in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht.

Den Bericht bestellt hatte das Parlament anlässlich des EMRK-Beitritts der Schweiz vor 40 Jahren. Die Diskussion über die Menschenrechtskonvention erhielt in letzter Zeit Auftrieb – zum einen wegen umstrittener Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR), zum anderen wegen der Annahme von Volksinitiativen, die nicht im Einklang mit der EMRK stehen.

Die Delegierten der SVP hatten im Oktober beschlossen, eine Initiative zu lancieren, mit welcher das Verhältnis von Völkerrecht und Landesrecht neu geregelt werden soll: Schweizer Recht soll über internationalem Recht stehen. Einzige Ausnahme wäre das zwingende Völkerrecht. Dass die Annahme der Initiative zu einer Kündigung der EMRK führen könnte, nimmt die Partei in Kauf.

Zentraler Baustein der Wertegemeinschaft

Der Bundesrat hatte sich schon zu ähnlichen Vorstössen im Parlament geäussert und dabei festgehalten, für ihn komme eine Kündigung nicht in Frage. Im Bericht begründet er nun, weshalb. Die EMRK sei ein zentraler Baustein der europäischen Grundwertegemeinschaft, schreibt der Bundesrat.

Die Kündigung würde die Schweiz zudem aussenpolitisch isolieren und dem System zum Schutz der Menschenrechte des Europarates erheblich schaden. Das Bekenntnis zur Konvention schliesst nach Ansicht des Bundesrates aber nicht aus, die Rechtssprechung des EGMR «kritisch zu verfolgen» und sich für Reformen stark zu machen. Insgesamt plädiert der Bundesrat für einen «gelassenen Umgang mit Strassburg».

Mehrheit der Beschwerden abgewiesen

Gemäss dem Bericht des Bundesrates hat der EGMR bisher nur 1,6 Prozent aller Beschwerden gegen die Schweiz gutgeheissen. Nicht alle Urteile seien mit Applaus aufgenommen worden, räumt der Bundesrat ein. Allerdings könne sich die Einschätzung im Laufe der Jahre ändern. Ehemals kontroverse Urteile hätten heute unbestritten rechtsstaatlichen Verbesserungen zum Durchbruch verholfen. Die «Sicht von aussen» bleibe auch in Zukunft wichtig.

Dennoch sei die Kritik an der Rechtsprechung des EGMR ernst zu nehmen. Eine konsequente und kohärente Anwendung des Subsidiaritätsprinzips erscheine ihm für die Zukunft wichtig, hält der Bundesrat fest. Die Reformbemühungen müssten weitergehen.

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