Der Bundesrat will, dass Schweizer Studierende weiterhin am Erasmus-Programm teilnehmen können. Er hat Übergangslösungen für das sistierte Austauschprogramm, aber auch das Forschungsabkommen «Horizon 2020» sowie das MEDIA-Filmförderungsprogramm mit der EU bestellt.
Vom Entscheid der EU-Kommission, die Schweizer Teilnahme an den drei Programmen zu sistieren, nahm die Landesregierung am Freitag Kenntnis. Der Entscheid der EU-Kommission, die Schweiz nicht mehr als assoziiertes Mitglied der Programme, sondern als Drittstaat zu behandeln, wurde vergangene Woche bekannt.
Studierende und Forscher unterstützen
Schweizer Studierende sollen weiterhin am bis 2020 laufenden Erasmus-Programm teilnehmen können. Das bedeutet, dass Personen und Projekte finanziell unterstützt werden, wie die Departemente für Inneres (EDI), für Auswärtiges (EDA) und für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) mitteilten.
Das Staatssekretariat für Bildung und Forschung (SBFI) wurde vom Bundesrat beauftragt, eine Lösung zu erarbeiten. Einen Auftrag für eine Übergangslösung hat auch das WBF erhalten, betreffend das sistierte Forschungsabkommen «Horizon 2020».
Der Bundesrat will an Projekten beteiligte Forscher und Forscherinnen finanziell unterstützen, die wegen der auf Eis gelegten Verhandlungen über «Horizon 2020» mit der EU im laufenden Jahr in der Forschungszusammenarbeit behindert oder ausgeschlossen sind. Dabei kann es sich um Verbund- oder um Einzelprojekte handeln.
EU wollte dreimal mehr Geld für Erasmus+
Bildungsminister Johann Schneider-Ammann stellte klar, dass die Verhandlungen mit der EU über das Austauschprogramm Erasmus+ nicht schon vor der Abstimmung über die Masseneinwanderungs-Initiative gescheitert seien. Allerdings hatte die EU höhere Beträge gefordert.
Für die nächste Periode von Erasmus+ 2014-2020 haben die eidgenössischen Räte letzten Herbst 305 Millionen Franken bewilligt. 185 Millionen davon waren für das Programm selber vorgesehen, der Rest für die nationale Agentur oder Begleitmassnahmen. Auf dieser Basis hat die Schweiz mit der EU über die weitere Beteiligung am Programm verhandelt.
Schneider-Ammann bestätigte jedoch, dass die Schweiz im Laufe der Verhandlungen mit höheren Forderungen konfrontiert worden ist. Die Europäer hätten Vorstellungen genannt, die dreimal höher lagen als die vom Parlament freigegebenen Mittel, «in der Grössenordnung von 500 Millionen Franken».
Darüber habe er den Bundesrat informiert. In einem Telefongespräch habe er EU-Bildungskommissarin Androulla Vassiliou klargemacht, dass die Schweiz einen parlamentarischen Prozess hinter sich habe und keine Möglichkeit bestehe, die Beiträge zu erhöhen.
Kein voller Ersatz bei Filmförderung
Für die Filmförderung hat der Bundesrat einer Übergangslösung zugestimmt. Diese soll die wegfallenden 5 Millionen Franken aus dem MEDIA-Abkommen kompensieren. Umsetzen soll die Massnahme das EDI. Ziel ist es, dass laufende Projekte nicht abgebrochen werden müssen und die Schweiz wieder ins Programm einsteigen kann.
Vollen Ersatz bietet die Übergangslösung aber nicht: Der volle Zugang zum europäischen Filmmarkt und dessen Netzwerke werde durch diese Massnahmen nicht zu ersetzen sein, heisst es in der Mitteilung.
Nach dem Entscheid der EU-Kommission wird die Schweiz bei «Erasmus+» und bei «Horizon 2020» wie ein Drittstaat behandelt. Offen ist damit auch das Schicksal des EU-Forschungsprojekts «Human Brain Project» zur Erforschung des menschlichen Gehirns. Dieses wird von der ETH Lausanne geleitet; das Budget beträgt insgesamt 1,47 Mrd. Franken.
Protest von Studierenden, Forschern und Filmbranche
Die Suspendierung des Austausch- und des Forschungsprogramms hatte unter Studierenden und Forschenden Proteste und Verunsicherung ausgelöst. Am Dienstag lancierten Studierende, Hochschulen und Forscher den «Appell für einen offenen europäischen Hochschulraum». Bis am Freitag unterschrieben über 17’600 Personen den Aufruf.
Die Filmbranche hatte ebenfalls am Dienstag vom Bund Geld als Ersatzmassnahme gefordert. Der Dachverband der Film- und Audiovisionsbranche, Cinésuisse, hatte sich per Brief an Bundesrat Alain Berset gewandt. Der Ausschluss bedeute für die Schweizer Branche einen unbezahlbaren direkten Schaden, hiess es im Brief.