Bundesrat Didier Burkhalter hat mit der EU-Aussenbeauftragten Federica Mogherini am Dienstag Bilanz zu den Dossiers zwischen der Schweiz und der EU gezogen. Laut Burkhalter gab es kürzlich bei Verhandlungen zum Rahmenabkommen eine weitere Teilannäherung.
Man haben sich nun auch bei der Rechtsauslegung teilweise einigen können, liess Burkhalter nach dem Treffen in Brüssel im Gespräch mit Journalisten durchblicken.
Hierbei geht es um die Frage, wie man verfahren soll, wenn die EU und die Schweiz sich bei der Auslegung eines Rechtsaktes im «Gemischten Ausschuss», wo sich die beiden in solchen Dingen besprechen, nicht einigen können.
Laut Burkhalter soll dann die Interpretation durch den EU-Gerichtshof (EuGH) erfolgen, «aber nicht der definitive Entscheid». Dieser solle im «Gemischten Ausschuss» fallen und bleibe somit politisch, sagte der Aussenminister weiter. Auf diesen letzten Schritt habe man sich kürzlich geeinigt.
Spielraum in Urteilen des EuGH
Denn gemäss Burkhalter lassen die Urteile des EuGH oft Spielraum. Zur Veranschaulichung macht er ein Beispiel mit der 8-Tage-Regel im schweizerischen Entsenderecht, über die sich EU und Schweiz schon lange streiten. Das Entsenderecht regelt den Status von ausländischen Arbeitnehmern, die in die Schweiz geschickt werden.
Wenn Laut Burkhalter etwa das EU-Gericht urteilen würde, acht Tage seien zu viel, dann würde anschliessend im «Gemischten Ausschuss» diskutiert werden, wie viele Tage «die beste Lösung» sein sollen. Es gäbe damit also «keine fremden Richter», sagte er.
Hingegen wenn der EuGH «mit einem ganz klaren Urteil kommt, dann gibt es keinen Spielraum. Dann ist es entweder annehmbar oder nicht», sagte der Aussenminister weiter.
Weiterhin ungelöst bleibt jedoch die Frage, was geschieht, wenn sich die Schweiz und die EU nach dem EuGH-Entscheid noch immer nicht einigen können. «Das wird vielleicht nur selten oder auch gar nicht vorkommen, aber es muss geregelt werden, um Rechtssicherheit zu schaffen», sagte der Aussenminister weiter.
Laut Burkhalter sieht das Verhandlungsmandat der Schweiz «angemessene Massnahmen vor – im schlimmsten Fall die Teilsuspendierung eines Abkommens». Die EU hingegen will laut Burkhalter schärfere Massnahmen, «die weiter gehen». «Und dieser Punkt ist noch nicht geregelt».
«Offene Diskussion» über Freizügigkeit
Neben dem institutionellen Rahmenabkommen kamen auch andere Dossiers zur Sprache – etwa die Personenfreizügigkeit. Man habe eine offene Diskussion über die Möglichkeiten geführt, die auf dem Tisch lägen, sagte Burkhalter. Dazu gehöre die Schutzklausel aber auch der Inländervorrang.
Doch das wichtige werde sich im Sommer abspielen, sagte der Aussenminister mit Blick auf die Abstimmung der Briten am 23. Juni über den Verbleib ihres Landes in der EU.
Denn die EU-Kommission hatte erklärt, eine mögliche Lösung bei der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative könne es erst geben, wenn die Situation mit Grossbritannien geklärt ist.
Die Schweiz ihrerseits braucht bis spätestens Juli eine Lösung mit der EU, weil die Initiative bis im Februar 2017 umgesetzt werden muss. Dies sei «sehr schwierig, aber nicht unmöglich», bilanzierte Burkhalter.
Mogherini und Burkhalter sprachen ausserdem über mehrere aussenpolitischen Themen, etwa die Ukraine, Syrien, Russland und die von der EU ergriffenen Sanktionen, die Situation zwischen Israel und Palästina und Eritrea.