Massimo Busacca empfängt im Home of FIFA eine Delegation der Schweizer Spitzen-Schiedsrichter zu einem halbtägigen Workshop.
Während Jahren gehörte Busacca weltweit zu den renommiertesten Spielleitern. Seit seinem Rückzug vor fünf Jahren leitet der Tessiner die Referee-Abteilung des Fussball-Weltverbandes. Am letzten Dienstag steht der 47-Jährige wieder einmal auf dem Platz. Er leitet aber kein Spiel, sondern hält eine Praxis-Lektion. GC-Junioren inszenieren Angriffe und knifflige Szenen im Strafraum, die aktuell besten Unparteiischen der Schweizer Profi-Ligen müssen die Fälle ad hoc lösen.
«Tempo, Tempo, jetzt, Foul, stopp!» Seine Gestik, die Mimik, sein Enthusiasmus – alles wie früher, ungebrochen gross. Busacca, der Mann im schwarzen FIFA-Trainingsanzug, der Chef mit dem Blick für jede Szene, der korrigierend eingreift, der antreibt, der die Erfahrungen von zwei WM-Turnieren und einer EM-Endrunde 1:1 auf dem Kunstrasenplatz weitergibt.
Immer wieder geht es um Nuancen, um minimale Spielräume. Bereits in der Theoriestunde dreht sich die Diskussion bei der Regelung von schwierigen Fallbeispielen um das «Feeling». «Wir alle kennen die Regeln, trotzdem passieren Fehler. Warum?», stellt Busacca im Auditorium den Fachleuten eine rhetorische Frage.
«Weil wir oft interpretieren müssen. Kein Spielzug ist wie der andere», doziert der FIFA-Schiedsrichter-Chef. «Ein guter Referee muss das Spiel nach zehn Minuten verstehen. Er muss es lesen können. Das steht nirgends geschrieben.» Das gelte für alle Spiele rund um den Globus.
Talenten wie Adrien Jaccottet oder Sandro Schärer attestiert der frühere Champions-League-Final-Schiedsrichter Potenzial. Die verbalen Angriffe auf den Branchenkollegen Sascha Amhof durch Sions Präsidenten Christian Constantin weist Busacca entschieden zurück: «Der Entscheid in Bern war kein Skandal. Vielleicht muss man eher den Spieler fragen, weshalb er die Schwalbe machte. Wir brauchen mehr Respekt!»
Cyril Zimmermann, der Chef der Schweizer Spitzen-Referees, wertet das Treffen mit Busacca als wichtig und befruchtend. «Wir werden versuchen, einmal pro Jahr mit ihm zusammenzuarbeiten.»
Im SFV sind die Verantwortlichen bestrebt, das Image der Schiedsrichterabteilung weiter anzuheben und 2020 an der EURO wieder auf oberster Ebene vertreten zu sein. Seit Busaccas WM-Auftritt in Südafrika 2010 sind weder von der FIFA noch von der UEFA weitere Schweizer für Endrunden nominiert worden.