Der Schweizer BVB-Keeper Roman Bürki ist von Schärfe der Kritik gegen ihn nach dem 1:5 in München überrascht, reagiert auf die medialen Attacken aber überaus sachlich.
In ihrer Aufarbeitung der Dortmunder Lektion in München waren sich die zahllosen Bundesliga-Experten rasch einmal einig: Schuld am BVB-Debakel trug für sie primär Roman Bürki. Als «Gürki» und «Hampelmann» verspotteten die Kritiker renommierter Medienhäuser den Keeper gnadenlos. Und auch die oberste deutsche Fussball-Instanz meldete sich zu Wort: «Das haben wir schon vor 200 Jahren gelernt. Wenn er rauskommt, muss er den Ball haben», keifte Franz Beckenbauer.
«Der Kaiser darf sagen, was er will. Das ist sein gutes Recht», entgegnet Bürki sachlich. Von der medialen Breitseite bekam der 24-jährige BVB-Torhüter nicht alles mit, aber die Welle der Goalie-Empörung schwappte natürlich bis ins Camp des Nationalteams. An den Umgang mit Kritik in Orkanstärke muss er sich gewöhnen: «Die Dimension in Dortmund ist eine andere. Ich habe früher auch schon Fehler gemacht, aber Reaktionen in einem solchen Ausmass habe ich noch nie erlebt.»
Kritische Voten seien zwar berechtigt, er trage an den Gegentoren «eine Mitschuld», aber sie hätten «fünf Tore erhalten, nicht nur zwei». Den Rückschlag relativierte er. Nach der ersten Niederlage in der aktuellen Saison müssten weder er noch die Mannschaft alles infrage stellen.
Bürki vermisste bei gewissen Kommentatoren den Respekt, die Schärfe der Urteile goutierte der Berner nicht: «Ein gewisses Niveau der Kritik muss schon noch da sein.» Nur Floskeln und Wortspiele zu verbreiten, sei zu einfach. Das direkte Spiel auf den Mann sei schwer nachvollziehbar: «Ich spielte bisher solid, gegen Bayern hatte ich meinen ersten schlechten Tag.»
Trotz der heftigen Attacken fürchtet Bürki nicht um seinen Statuts beim BVB. Coach Thomas Tuchel habe sich öffentlich bereits deutlich für ihn ausgesprochen, so Bürki. «Ich denke nicht, dass es nach einem weniger guten Spiel einen Grund gibt, mich gleich auszuwechseln.» Er sei selbstbewusst genug, mit der ungemütlichen Situation richtig umzugehen.
Goaliefrage nicht drängend
Im Nationalteam bewegt sich Bürki in der Regel weniger im Brennpunkt. Am Freitag könnte sich das indes ändern. Womöglich steht gegen San Marino das Debüt in einem Ernstkampf mit der SFV-Auswahl an. Yann Sommer, im Normalfall die unumstrittene Nummer 1, ist wegen eines Nasenbeinbruchs handicapiert und trainiert derzeit mit einer Karbonmaske. Mit einem Einsatz des Mönchengladbachers ist eher erst Anfang nächster Woche in Estland zu rechnen. «Ich bereite mich immer auf alles vor und trainiere entsprechend fokussiert», kommentiert Bürki die ausnahmsweise offene Ausgangslage.
Aus der Sicht von Vladimir Petkovic ist die Goaliefrage im Vorfeld des Duells mit dem 196. des FIFA-Rankings, der keine seiner bisher 120 Qualifikations-Partien gewonnen hat, selbstredend kein drängendes Problem: «Ich entscheide mich im letzten Moment.» Der Selektionär wird seine Nominierung in erster Linie von der Rückmeldung Sommers abhängig machen.