Die Guthaben im obligatorischen Teil der beruflichen Vorsorge (BVG) sollen wegen der guten Lage an den Finanzmärkten ab 2014 leicht höher verzinst werden. Die Eidgenössische Kommission für berufliche Vorsorge empfiehlt, den Mindestzinssatz von 1,5 auf 1,75 zu erhöhen.
Der Mindestzins für die Altersguthaben der zweiten Säule liegt seit 2012 auf dem historischen Tiefstand von 1,5 Prozent. Nun reagiert die BVG-Kommission auf die Erholung der Finanzmärkte: Sie empfiehlt dem Bundesrat eine Anhebung auf 1,75 Prozent, wie sie am Dienstag mitteilte. Die Regierung ist nicht an die Empfehlung gebunden, folgt dieser aber in der Regel.
Eine Berechnungsformel, welche die Kommission favorisiert, hätte einen Mindestzinssatz von 1,5 Prozent ergeben, hiess es weiter. Allerdings entschied sich die Kommissionsmehrheit dennoch für eine Anhebung – wegen der «insgesamt besseren Situation an den Finanzmärkten».
Der Entscheid fiel mit einer äusserst knappen Mehrheit von 9 zu 8 Stimmen, wie Kommissionspräsident Claude Frey auf Anfrage sagte. Die Kommission habe mit dem Beschluss angesichts der besseren Situation ein Zeichen setzen wollen: In schlechten Zeiten sei der Satz auch rasch gesenkt worden. Die Kommissionsmitglieder hatten Vorschläge für eine Empfehlung zwischen 1,25 und 2,25 Prozent vorgebracht.
Gewerkschaften sehen Nachholbedarf
Auf eine Verzinsung von 2,25 Prozent pochen die Gewerkschaften. Diese zeigten sich enttäuscht über die «zaghafte» Empfehlung, wie es der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) formulierte.
Der Antrag gehe zwar in die richtige Richtung, angesichts der andauernd guten Ertragslage sei aber eine deutlichere Anhebung angezeigt. Es gebe Nachholbedarf: Viele Vorsorgeeinrichtungen hätten 2012 laut einem Branchenindex eine Rendite von 7 Prozent erzielt und den Versicherten trotzdem meist nur 1,5 Prozent gutgeschrieben.
Die zweite Säule verliere ihre Attraktivität und ihren Rückhalt in der Bevölkerung, wenn der Mindestzinssatz «systematisch zu tief angesetzt» werde, hält der Gewerkschaftsdachverband Travail.Suissse fest. Der Bundesrat soll sich deshalb aus Sicht der Arbeitnehmervertreter über die Empfehlung hinwegsetzen.
Versicherer wollen Senkung
Demgegenüber kritisiert der Schweizer Versicherungsverband die Empfehlung. Er fordert eine Senkung auf 1,25 Prozent. Auf diesen Wert kommt der Verband, indem er die Rendite risikoarmer Anlagen heranzieht. Mit einem tieferen Satz würde die Mindestverzinsung sicher erreichbar bleiben, hält er fest. Vorsorgeeinrichtungen könnten dann auf freiwilliger Basis mehr gewähren.
Die Kommission ruft in Erinnerung, dass für die Festlegung des Mindestzinssatzes die Entwicklung der Rendite der Bundesobligationen sowie zusätzlich der Aktien, Anleihen und Liegenschaften entscheidend sei.
Jedoch müsse auch berücksichtigt werden, dass ein Teil der Rendite der Vorsorgeeinrichtungen nicht für die Verzinsung, sondern für die Bildung von Reserven, Rückstellungen sowie zur Erfüllung der gesetzlichen Rentenanforderungen benötigt werde.
Skepsis zu nachträglicher Festlegung
Da zwischen der Festlegung des Mindestzinssatzes und der Zinsgutschrift über ein Jahr vergeht, brachte der Bundesrat letzten Herbst einen Systemwechsel ins Spiel. Der Satz könnte künftig im Nachhinein fixiert werden, wenn die Entwicklung der Anlagemärkte bekannt sei, schlägt die Regierung vor. Diesen Vorschlag lehnte die BVG-Kommission laut Frey mit 10 zu 5 Stimmen ab.
Der Mindestzinssatz war nach dem Platzen der Internetblase Anfang der 2000er Jahre von 4 Prozent nach und nach gesenkt worden. Nach dem Ausbruch der Finanzkrise senkte der Bundesrat den Satz für 2009 auf 2 Prozent.