Die Segelzeit im Projekt Back to Basel neigt sich nun definitiv dem Ende zu. Es steht uns ein Monat Rheinfahrt bevor. Leila (welche die Rheinfahrt nicht mehr mitmacht) fasst in diesem Beitrag die letzten zwei Wochen zusammen.
Erneut dieses komisch-absurde Gefühl: noch vor wenigen Stunden konnte ich aus der Kojenluke blicken, und die Solea im Licht der aufgehenden Sonne sehen. Nun blicke ich aus dem Zugfenster des ICEs, blaue Bahnhofschilder mit weissen Aufschriften flitzen vorbei. Zum zweiten Mal verlasse ich die Back to Basel Crew. Zwar dieses Mal geplant, doch keinesfalls fällt der Abschied deswegen leichter!
Isle of Wight
Nach einigen prägenden Gennaker-, Genua-, Fock- sowie Bojen-Erlebnissen beendeten wir vor knapp einer Woche unsere lehrreiche Trainingsphase in Cowes mit krönendem Abschluss: ohne Skipper segelten wir die 60 Seemeilen um die Isle of Wight. Was für eine Herzenssache! Eine eingespielte Crew, die gelassen und sicher auf hohe Wellen und starken Wind reagiert. Da bereitet das Segeln köstliche Freude.
Romantische Tankerstimmung
Sehr besonders war die Stimmung am letzten Mittwoch auf dem Weg nach Brighton. Wir segelten kurz nach Sonnenaufgang, mit Gennaker und auf östlichem Kurs durch ein Feld von vor Anker liegenden Tankern. Auch sie hatten den Tag zuvor wegen Hurricane Gonzalo’s Überresten abwettern müssen.
4-facher Adrenalinkick von Brighton nach Nieuwpoort
Vergangenen Donnerstag kehrten wir England den Rücken und legten in Brighton ab – der Beginn einer doch abenteuerlichen Überfahrt zum europäischen Festland: Trotz relativ starkem Wind – vielleicht noch vom Gennakerfieber der vergangen Wochen gepackt – wagten wir es auf der Planado das blaue Vorsegel zu setzen. Sogleich segelten wir in Windeseile an der Solea vorbei. Zuerst ging alles gut. Dann kam eine Böe, und die Welle vor uns bremste uns ab. Vom Ruck erfasst glitt ich quer durchs Cockpit und konnte die Gennaker-Schot nicht sauber loswerfen. So drückte der stetige Wind im Segel uns immer tiefer ins Wasser bis endlich die Schot frei fliegen konnte und sich das Schiff sofort wieder stabilisierte. Gleich waren die anderen Crewmitglieder zur Hilfe, doch war das erste Malheur schon passiert – der Gennaker hatte einen Riss abbekommen. Soviel zu Adrenalinkick N°1!
Wenige Minuten später folgte bereits N°2. Wir öffneten die Luke zur Navigation und es stieg grauer Rauch entgegen. In Sekunden organsierten wir Feuerlöscher, einen Kessel voll Wasser, Gabriel schaltete den Hauptstromschalter aus und löschte das Feuer. Wir hatten einen Kabelbrand! Der Spuk war zwar schnell vorüber, doch steckte der Schock schon ziemlich tief. Zudem hatten wir das Problem des kompletten Stromausfalls. Als all dies passierte, befanden wir uns bereits auf halbem Weg nach Belgien. Wir waren guter Dinge, dass wir bis Eindunkeln die Bordelektrik wiederherstellen konnten und somit entschieden wir nicht umzukehren. Die ganze Zeit war die Solea – unsere Lebensversicherung – in beruhigender Nähe. Bald konnten wir die Motorbatterie zur Überbrückung nutzen und es dauerte nicht lange bis wir wieder Licht und Funk hatten. Was für eine Erleichterung!
Wind, Wellen und unser Tempo waren grösser als erwartet, weshalb wir mit einer Ankunft im belgischen Nieuwpoort noch bei Nacht rechnen mussten. Adrenalinkick N°3 war für mich das Reffen der Fock im Stockfinsteren auf einer der stärkst befahrenen Schifffahrtsrouten Europas.
Kurz vor der Hafeneinfahrt Nieuwport hatten wir ein Motorproblem (Adrenalinkick N°4) und trieben mit der Gezeitenströmung auf die Hafenmole zu. Schnell bekamen wir dieses in den Griff und verhedderten uns lediglich in einigen Fischerleinen. Wir merkten erst später, dass wir bei unserem nächtlichen Intermezzo drei leckere Flundern „aufgebugspriet“ hatten. Anschliessend klappte die nächtliche Hafeneinfahrt problemlos.
Byebye beloved sea
Nieuwpoort gab uns einen Erholungs- und Aufräumtag. Samstag dann unser letzter richtiger Segeltag auf dem Meer. Es war ein wunderschöner Tag, einfach fantastisch und passte gut in die lange Reihe von perfekten Tagen auf dem Meer! Motiviert die letzten wenigen Seemeilen nochmals voll zu geniessen, reparierten wir den Gennaker. Bald war er wieder gesetzt und trotz zusätzlichem Flicken glänzte er wieder in seiner vollen Pracht. Wie ein grosser Luftballon gefüllt mit frischer Meeresluft! Zum letzten Mal für diese Saison. Nächste Saison nach der grossen Revision werden wir ihn wieder auspacken. Nostalgisch und etwas traurig näherten wir uns Vlissingen. Kurze Zeit später waren wir schon in neuen, weniger salzigen Gewässern. Wir hatten die erste Schleuse passiert, auf welche sechs Brücken folgten. Auf einem geraden Kanalstück setzten wir den Gennaker, sofort schallte es aus der Funkanlage „Catamarans what are you doing? You cannot sail in the canal, you cannot sail in the canal!“ Schon waren wir in Middelburg und mitten in der Zivilisation.
Diesen letzten Segeltag haben wir in einem Video zusammengefasst: