Wo Kevin Spacey draufsteht, ist in der Regel viel Qualität drin. Das haben sich auch die Call-of-Duty-Entwickler gesagt und den berühmten Schauspieler kurzerhand für das neuste Oeuvre verpflichtet. Ob sich die Investition gelohnt hat?
Kevin Spacey ist ein begnadeter Schauspieler. Filme bekommen mit seiner Beteiligung eine Art Gütesiegel. Hier steckt Qualität drin, denkt der Zuschauer, wenn er seinen Namen liest. Ein schlauer Schachzug also, dass die Macher von Sledgehammer Games ein paar Millionen ihres Budgets dafür ausgegeben haben, eben diesen Kevin Spacey in ihr Spiel zu bekommen.
Spacey spielt den charismatischen CEO der privaten Söldnerfirma ATLAS. Nachdem der Protagonist bei einem Einsatz unter Verlust seiner Hand fast ums Leben kommt und Kevin Spaceys Sohn dabei stirbt, bietet Jonathan Irons – so heisst Spacey im Spiel – dem Spieler einen Job als Söldner an. ATLAS ist die grösste private Armee der Welt. Die Kriegstechnologie, die den Söldnern zur Verfügung steht, stellt alles in den Schatten, was das Pentagon je zu träumen wagte. Da gibt‘s Roboteranzüge, Drohnen, intelligente Handgranaten und andere todbringende Waffen en masse.
Doch ATLAS hat auch Feinde: eine Gruppe von Technologie-Gegnern warnt vor den Gefahren der Rüstungs-Hochtechnologie in privaten Händen. Anfangs folgt der Spieler noch brav seinen Instruktionen, doch schleichend schwant ihm Übles. Und genau so kommt es denn auch: Wenig überraschend stellt sich heraus, dass Herr Spacey seine ganz eigene Agenda hat und mit seiner Kriegsmaschinerie mal kurz eben die Welt neu ordnen will. Nun kann der Spieler zeigen, dass er ein braver Patriot ist und gegen die Privatarmee zu Kriege ziehen…
Die Call-of-Duty-Reihe ist einen weiten Weg gegangen. Prägten beim ersten Spiel noch fiese Grabenkämpfe im Europa des Zweiten Weltkriegs das Geschehen, wird neu rund um den Globus mit modernstem Kriegsgerät gekämpft. Die formidablen Roboteranzüge, die Drohnen, die Lasergewehre und vieles mehr – über 200 Waffen stehen zur Auswahl.
Die Grafik und der Ton sind hervorragend
Die dem Spiel zugrunde liegende Engine wurde von Grund auf neu entwickelt. Die Grafik sieht auf jeden Fall einen Tick schärfer aus als bei Call of Duty: Ghosts und sie läuft auch konstant flüssig und nahe an der magischen «60 Frames pro Sekunde»-Grenze. Soundtechnisch knallt und donnert es aus allen Lautsprechern – wer nicht mit dem Headset spielt, muss sich auf Diskussionen mit den Nachbarn einstellen. In technischer Hinsicht gibt’s demzufolge rein gar nichts zu bemängeln.
Mit der Einführung der Exo-Anzüge, die es einen erlauben, mit Raketenunterstützung gewaltige Sprünge zu tätigen, keimt die Hoffnung auf, die Call-of-Duty-Reihe habe sich endlich von den Zwängen des linearen Leveldesigns befreit. Das ist leider nicht ganz der Fall. Allzu oft säumen hohe Mauern oder Zäune die Levelränder und schreien: «Du darfst schon wild rumhüpfen, aber nur bis hierher und keinen Schritt weiter.» Das ist höchst bedauerlich, zumal noch weitere Restriktionen eingeführt wurden. Die tollen Zukunftsgadgets sind nämlich pro Level fest vorgegeben. Man darf also nicht zu Beginn auswählen, womit man die nächste Herausforderung meistern möchte, sondern das Spiel schreibt es einem vor.
Die verschiedenen Levels sind abwechslungsreich und meist äusserst spektakulär: Mal irrt man durch das komplett verlassene Detroit, um kurz darauf in der Mitternachtssonne der Antarktis zu kämpfen. Weitere Stops auf der Call-of-Duty-Weltreise sind Bulgarien, Thailand und natürlich die USA, mit einem spektakulären Level in San Francisco. Das kennt man zwar aus früheren Call-of-Duty-Teilen, aber der Einfallsreichtum der Leveldesigner ist ungebrochen (auch in Bezug auf die Absurditäten der gezeigten Ereignisse). Die gesamte Kampagne dauert etwa 10 Stunden – und dann wartet der Multiplayer.
Wirklich auf Touren kommt CALL OF DUTY: ADVANCED WARFARE im Mehrspieler-Modus.
Wirklich auf Touren kommt CALL OF DUTY: ADVANCED WARFARE natürlich im Mehrspieler-Modus. Hier geht‘s wirklich zur Sache, und das Spiel lässt seine Muskeln spielen. Die Spring-Anzüge verleihen dem ganzen eine eigene Dynamik, so etwa wie in Microsofts Shooter Titanfall. Die altbekannten Modi stehen fast alle zur Verfügung, neu ist der Modus «Uplink». Hier muss ein Satellitenball über die Karte in verschiedene «Tore» geworfen werden. Speedball lässt grüssen. Spielvarianten wie diese rücken das Spiel erfreulicherweise etwas weg vom serientypischen Kriegsgegurgel.
Im Multiplayer-Modus darf fleissig aufgelevelt werden, Killstreaks werden belohnt, Waffen erweitertet: all das, was Fans vom heiligen Gral der Ego-Shooter auch erwarten. CALL OF DUTY: ADVANCED WARFARE verteidigt seinen Ruf als bester Mehrspieler-Shooter diskussionslos. Derzeit gibt‘s auf dem Markt nichts besseres. Doch die Konkurrenz steht schon in den Startlöchern: Battlefield Hardline und Rainbow Six: Siege werden nächstes Jahr antreten, um die Krone zu erobern. Doch bis dahin werden wohl noch einige Millionen Online Matches mit Call of Duty absolviert.
CALL OF DUTY: ADVANCED WARFARE ist sehr gut. Das steht ausser Frage. Es ist aber leider nicht so gut, wie es hätte sein können, wenn die Entwickler der Reihe endlich mal die Fesseln ablegen würden. Verabschiedet endlich die üblen Schlauch-Levels. Mein Credo: SET COD FREE!!! Darum gibt‘s (vor allem für den gelungenen Multiplayer-Modus) einen Spieltrieb-Faktor von 9 von 10.
Titel: Call of Duty: Advanced Warfare
Plattform: PS4 (getestet), XBOX ONE, PC
PEGI: Ab 18 Jahren
Preis: ca. 79 Franken
Das Cover