Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey hat am Montag in Ankara bei ihrer letzten offiziellen Reise den Völkermord 1915-1917 an den Armeniern angesprochen. Sie erinnerte daran, dass die Schweiz im Gegensatz zu Frankreich nicht über ein Gesetz verfügt, das eine „bestimmte Situation“ als Genozid anerkenne.
An der Jahreskonferenz der türkischen Botschafterinnen und Botschafter sagte sie mit Blick auf die Gräueltaten an den Armeniern, der Bundesrat spreche von „tragischen Deportationen und Massakern“ und sei der Ansicht, dass die Historiker diese Ereignisse aufklären sollten.
Das sagte Raphael Saborit, Sprecher des Eidg. Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) am Montagabend der Nachrichtenagentur sda.
Die Aussenministerin wies weiter daraufhin, dass im Nationalrat vergangene Woche Petitionen abgelehnt wurden, die bestimmte Verbrechen als Völkermord anerkennen wollten, darunter den Genozid an den Armeniern. Der Nationalrat hatte den Völkermord an den Armeniern bereits 2003 anerkannt.
Botschafter aus Protest zurückgezogen
Im Osmanischen Reich kamen nach unterschiedlichen Schätzungen während des Ersten Weltkriegs bis zu 1,5 Millionen Armenier ums Leben. Die Türkei als Rechtsnachfolgerin des Osmanischen Reichs bestreitet den Genozid.
International werden die Gräueltaten an den Armeniern als Völkermord taxiert. Sie wurden auch von mehr als einem Dutzend Staaten als Völkermord anerkannt. Dazu gehört seit 2001 Frankreich.
Die französische Nationalversammlung hatte am vergangenen Donnerstag in erster Lesung ein Gesetz gebilligt, das die Leugnung offiziell anerkannter Völkermorde unter Strafe stellt. Ankara rief darauf aus Protest seinen Botschafter in Paris zurück, legte die militärische Zusammenarbeit mit Frankreich auf Eis und setzte die bilateralen Besuche aus.