Der Besuch des britischen Premierministers David Cameron in Israel ist von den stärksten Raketenangriffen aus dem Gazastreifen seit Ende 2012 überschattet worden. Nach Angaben des Militärs schlugen am Mittwoch mindestens 30 Geschosse in grenznahen Regionen ein.
Israel begann daraufhin im Gegenzug mit der Bombardierung militärischer Ziele in der Enklave am Mittelmeer. Bisher seien sechs Einrichtungen im Norden, im Zentrum und im Süden des Gebietes mit insgesamt 16 Luft-Boden-Raketen beschossen worden, teilten die Behörden im Gazastreifen am Mittwochabend mit.
Zuvor hatten schon israelische Panzer in den Gazastreifen geschossen. Opfer habe es nicht gegeben, weil alle angegriffenen Anlagen rechtzeitig geräumt worden seien. Auch bei den Raketenangriffen gegen Israel gab es keine Opfer.
Warnung von Netanjahu
Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu warnte an einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Cameron: «Wenn im Süden (Israels) keine Ruhe einkehrt, wenn es keine Ruhe für die Bürger Israels gibt, dann wird es Krach im Gazastreifen geben, viel Krach in Gaza.» Israelische Panzer beschossen am Abend Ziele in dem Gebiet am Mittelmeer.
Verteidigungsminister Mosche Jaalon ordnete die Schliessung der beiden Kontrollpunkte in den Gazastreifen für Warenlieferungen (Kerem Schalom) und für Personen (Erez) an. Dort würden nur noch humanitäre Notfälle abgefertigt. Damit war der Gazastreifen fast völlig von der Aussenwelt abgeschnitten, denn auch die Grenze im Süden zu Ägypten ist weitgehend blockiert.
Aussenminister Avigdor Lieberman forderte die Wiederbesetzung des Gebiets, aus dem sich Israel 2005 einseitig zurückgezogen hatte.
Vor der Knesset
Kurz vor dem Raketenbeschuss hatte Cameron in einer Rede im Parlament in Jerusalem für einen Friedensschluss mit den Palästinensern auf Grundlage der Zwei-Staaten-Lösung geworben.
Nach den Angriffen betonte er jedoch, ein solcher Palästinenserstaat dürfe «keine Basis für Terror» werden. Netanjahu hatte wiederholt gewarnt, er werde es nicht zulassen, dass sich der von den Palästinensern bei den Friedensgesprächen mit Israel angestrebte Staat im Westjordanland in einen grossen Gazastreifen verwandle.
In seiner Rede im Parlament hatte Cameron betont, er wolle keine Vorträge darüber halten, wie Israelis und Palästinenser die Friedensverhandlungen führen sollten.
«Aber stellen Sie sich vor, was passieren würde, sollte die Zwei-Staaten-Lösung Wirklichkeit werden», forderte er die Abgeordneten und Regierungschef Netanjahu auf. Es gäbe nicht nur mehr Sicherheit und Wohlstand, sondern Israel würde auch keinen «empörenden» Angriffen wegen der Menschenrechte ausgesetzt sein.
Forderung nach Stopp des Siedlungsbaus
Allerdings müsse der israelische Siedlungsbau aufhören. Und die Palästinenser müssten die Aufwiegelung zum Hass auf Israel beenden. «Es geht auch um die Würde der Israelis und die Würde der Palästinenser», sagte Cameron.
Grossbritannien stehe weiter fest zu Israel und werde auch in Zukunft alle Formen des Antisemitismus energisch bekämpfen. Er sei sich bewusst, wie verwundbar Israel sei, betonte der Premier. Möglichen Boykottmassnahmen gegen den jüdischen Staat erteilte er eine klare Absage.
Zum Atomkonflikt mit dem Iran sagte Cameron, er teile die Skepsis der Israelis. «Ein nuklear bewaffneter Iran stellt eine Gefahr für die ganze Welt dar, und Grossbritannien wird alles dazu beitragen, dies zu verhindern», versicherte Cameron. «Der Iran bleibt der grösste Exporteur von Terror weltweit», kritisierte er Teheran.
Cameron war am Vormittag zu dem knapp zweitägigen Besuch Israels und der Palästinensergebiete eingetroffen. Zunächst besuchte er die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem. Am Abend stand ein Treffen mit Netanjahu und am Donnerstag mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas auf dem Programm.