Campus Biotech in Genf nimmt Fahrt auf

Auf den Campus Biotech in Genf sind bisher über 400 Forscher eingezogen – die Zahl soll im kommenden Jahr bis auf 1200 steigen. Im ehemaligen Gebäude der Merck Serono finden sie ein in der Schweiz einmaliges Arbeitsumfeld vor.

Campus Biotech für ambitionierte Forschungsprojekte (Bild: sda)

Auf den Campus Biotech in Genf sind bisher über 400 Forscher eingezogen – die Zahl soll im kommenden Jahr bis auf 1200 steigen. Im ehemaligen Gebäude der Merck Serono finden sie ein in der Schweiz einmaliges Arbeitsumfeld vor.

Bereits vor der Eröffnung des Campus Biotech sprach man im Genferseebogen von einem eigentlichen «health valley». Der Name kommt von den starken Biotech-Instituten der Universitäten Lausanne und Genf, der ETH Lausanne (EPFL) und zahlreichen Start-ups.

Der Campus Biotech in Genf soll das neue Flaggschiff dieses «health valley» werden. Auf 40’000 Quadratmetern Nutzungsfläche wird an ambitionierten Projekten geforscht: An einer Simulation des menschlichen Hirnes oder an Armprothesen, die direkt aus dem Hirn gesteuert werden.

Noch gleicht das Leben im Gebäude nicht einem Bienenstock. Viele Büros sind derzeit leer und auch in den Labors gibt es noch viel Platz, wie bei einem Medienrundgang vom Dienstag zu sehen war. Vor allem Büroflächen sind bisher belegt.

Dort befassen sich Forscher der Universität Genf unter der Leitung von Professor Patrik Vuilleumier mit dem Gehirn, erfassen die Hirnströme und Untersuchen das Sprachzentrum. Bei diesen Untersuchungen fallen enorme Datenmengen an.

Über Nervensystem gesteuerte Prothesen

Diese Lawinen an Daten versucht ein Forscherteam des neuartigen Gebiets «Healthomics» zu meistern und sinnvoll nutzbar zu machen. Das gehe bis zu den Daten von Fitnessarmbändern und Handysensoren, die in einer Art «Bürger-Medizin» zusammengetragen und vergleichbar gemacht werden sollen.

Damit könne man für eine bessere Gesundheit, anstatt nur gegen Krankheiten kämpfen, sagte Professor Antoine Geissbühler. Nach Zukunftsmusik klingt auch die Präsentation von Professor Olaf Blanke, der das Zentrum der EPFL für Neuroprothetik leitet.

Dieses entwickelt Verbindungen, mit der ein Computer direkt aus dem menschlichen Hirn gesteuert werden kann. Eine über Sensoren mit dem Nervensystem verbundene Armprothese kann so bewegt werden. Langfristig wird unter anderem daran gearbeitet, dass Querschnittsgelähmte wieder gehen oder Blinde wieder sehen können.

Zwei Milliardäre als Spender

Möglich gemacht haben den Campus Biotech die beiden Milliardäre Ernesto Bertarelli und Hansjörg Wyss. Bertarelli machte sein Vermögen mit dem Familienunternehmen Serono, Wyss mit dem Medizinaltechnik-Unternehmen Synthes.

Nachdem Merck Serono den Standort Genf geschlossen hatte, übernahmen Wyss und Bertarelli das Gebäude für angeblich 300 Millionen Franken. Von den 40’000 Quadratmetern gingen 26’000 an die Universität Genf und die EPFL.

Weitere 8000 Quadratmeter sind für ein Wyss-Institut reserviert. Für dessen Gründung spendete Hansjörg Wyss der EPFL 100 Millionen Franken. Das Zentrum soll vor allem Forschung finanzieren, die von anderen Kapitalgebern als zu riskant erachtet würde.

Dieser vielfältige Mix auf dem Campus Biotech soll zudem die interdisziplinäre Forschung stärken, sagte Benoit Dubuis, Direktor der Fondation Campus Biotech Geneva und verantwortlich für die Entwicklung des Wyss-Zentrums.

Human Brain Project vor Einzug

Der Attraktivität des Campus Biotech konnte auch das Human Brain Project (HBP), das Aushängeschild der ETH Lausanne, nicht widerstehen. Es kündigte vor einem Jahr an, das Hauptquartier nach Genf zu verlegen.

Die Verantwortlichen des HBP begründeten den Entscheid damit, dass das Projekt schneller in Gang komme und drei bis vier Jahre gewinne. Die 220 Arbeitsplätze für das HBP werden derzeit im Campus Biotech eingerichtet.

Das HBP wurde von der EU zum «Flagship»-Projekt erkoren. Die EU sprach für das Projekt, das menschliche Gehirn durch neuartige Supercomputer bis ins Detail zu simulieren, eine halbe Milliarde Euro. Ebenso viel sollen die Staaten der 135 Forschungsanstalten sowie die Wirtschaft beisteuern.

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