Mit dem Rennen Mailand – Sanremo starten die besten Radrennfahrer am Samstag in die Saison der Frühjahrs-Klassiker. Zu den Siegesanwärtern zählt einmal mehr auch Fabian Cancellara.
Als «La Primavera» oder «Fahrt in den Frühling» bezeichnen die Italiener das mit über 290 km längste Radsport-Monument. Für Cancellara jedoch ist das Rennen im Westen Italiens eine «Lotterie». Weil es in der Schlussphase oftmals auch Sprinter über die einzigen beiden relevanten Hindernisse (Cipressa und Poggio) schaffen, macht es das Rennen für die Spezialisten der grossen Eintagesrennen unberechenbarer. Mindestens eine kleinere Gruppe dürfte auch bei der 107. Auflage gemeinsam das Ziel erreichen – umso mehr weil die Organisatoren im Vergleich zum Vorjahr eine Steigung wieder aus dem Streckenplan strichen.
Cancellara, der Ende Saison nach 16 Jahren an der Weltspitze zurücktritt, kam mit der «Lotterie» in der Vergangenheit allerdings unabhängig der ständigen Streckenanpassungen sehr gut zurecht – auch wenn er das Rennen eigentlich nicht sonderlich liebt und seine Form primär auf die Flandern-Rundfahrt und Paris – Roubaix von Anfang April ausrichtet. Mit diesem Hintergrund fuhr der Berner seit 2008, als er zum bisher einzigen Mal siegte, quasi im Vorbeigehen fünfmal auf das Podest.
Zwischen 2010 und 2014 schaffte es Cancellara an den drei Frühjahrs-Klassikern (Mailand – Sanremo, Flandern-Rundfahrt und Paris – Roubaix) zwölfmal in Folge auf das Podest – sofern er zu den Rennen jeweils gestartet war, respektive das Ziel erreicht hatte. Ein solche Konstanz auf allerhöchstem Niveau kann keiner seiner Konkurrenten vorweisen.
Deshalb zählte der am Freitag 35 Jahre alt werdende Cancellara bei den drei Rennen zuletzt automatisch immer zu den ersten Sieganwärtern. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die beeindruckende Serie im letzten Jahr in Sanremo mit einem 7. Rang riss. Es war für den Trek-Profi der «missglückte» Auftakt in ein Seuchenjahr mit schweren Stürzen in Harelbeke und an der Tour de France, Krankheiten und dem vorzeitigen Saisonende.
Das sportlich in allen Belangen missratene Jahr hat Cancellara abgehakt. «Mit so einem Jahr wie 2015 wollte ich nicht aufhören», sagt er. Cancellara bereitete sich seit November entsprechend gewissenhaft auf die Saison vor. Seine ausgezeichnete körperliche Verfassung, gepaart mit seinem Ehrgeiz, seiner Routine und der Gelassenheit, die er in den ersten Wochen seiner letzten Saison versprühte, führten zu einem überaus erfolgreichen Frühling.
Auf seiner Abschiedstournee hat er bereits vier Saisonsiege vorzuweisen – so viele wie seit 2008 nicht mehr zu diesem Zeitpunkt des Jahres. Zur Erinnerung: Vor acht Jahren siegte Cancellara in Sanremo, nachdem er davor drei Tagessiege errungen und die Gesamtwertung des Tirreno-Adriatico für sich entschieden hatte.