Grosser Triumph von Fabian Cancellara im olympischen Zeitfahren in Rio de Janeiro: Der Ende Saison abtretende Berner gewinnt bei seinem letzten grossen Auftritt auf der Radsport-Bühne Gold.
Cancellara distanzierte die Konkurrenz in der 54,5 km langen Prüfung nicht nur. Er fuhr sie in Grund und Boden. «Wenn man fünf oder zehn Sekunden Rückstand gehabt hätte, hätte man sich Gedanken machen müssen, wo man diese Zeit verloren hätte. Aber so?», sagte Bronze-Gewinner Chris Froome neidlos.
Der dreifache Sieger der Tour de France büsste als Dritter bereits über eine Minute ein. Der dazwischen klassierte Niederländer Tom Dumoulin verlor nur minim weniger – und war darob bitter enttäuscht. «Fabian ist richtiggehend geflogen. 47 Sekunden sind weissgott nicht wenig.»
Dumoulin und Froome war zugetraut worden, den Sieg unter sich auszumachen. Stattdessen setzte Cancellara acht Jahre nach dem Zeitfahr-Olympiasieg in Peking (und der Silbermedaille im Strassenrennen) zu einer ebenso unerwarteten wie deutlichen Machtdemonstration an.
An seinem «perfekten Tag» liess sich Cancellara durch nichts aus der Ruhe bringen. Nicht durch den Kurs, der eigentlich nicht auf ihn zugeschnitten war. Nicht den schnellen Start des Australiers Rohan Dennis. Nicht durch die Rückstand nach der ersten und zweiten Zwischenzeit. Nicht durch die nasse Strasse oder den fiesen Wind bei der Halbinsel Pontal. Cancellara sagte, er sei perfekt vorbereitet gewesen. «Ich wusste, dass ich 100 Prozent gegeben hatte.»
Cancellara drehte dann auf, als Dennis schwächelte und dann von einem Defekt am Lenker inklusive Wechsel des Velos entscheidend gestoppt wurde. Der Australier verlor am Ende 70 Sekunden. Für den Sieger aus Ittigen war es der perfekte Tag. «Ich fand keine Fehler. Nicht in der Vorbereitung, nicht im Rennen.»
Cancellara hatte zwischen der zweiten und dritten Zeitmessung aus einem Rückstand von rund 24 Sekunden auf Dennis einen Vorsprung von 18 Sekunden gemacht. Diesen baute er kontinuierlich aus. Weder Dennis noch irgendein anderer Konkurrent kam auch nur in die Nähe von Cancellaras Zeit.
Die Reaktion im Ziel zeigte, wie unverhofft das zweite Olympia-Gold auch für Cancellara selber kam. Ungläubig schlug er die Hände vor das Gesicht, Tränen rollten die Wangen herunter. Zum internationalen Abschluss seiner formidablen Karriere hatte er trotz wenig aufbauenden Resultaten in den letzten Monaten alles auf das Zeitfahren gesetzt. Der Poker ging vollends auf.