Trotz wirtschaftlichen Wachstums hat sich die Armut in der Schweiz nicht verringert, stellt das Hilfswerk Caritas Schweiz fest. Der Grundsatz, wenn es der Wirtschaft gut gehe, gehe es allen besser, scheine nicht mehr zu gelten. Dem Arbeitgeberverband wirft Caritas-Direktor Hugo Fasel eine „fatale Haltung“ vor.
„Wir müssen uns wieder für die klassische Idee der sozialen Marktwirtschaft einsetzen“, sagte Fasel am Montag vor den Medien in Bern. Denn: In den letzten Jahren habe ein Paradigmenwechsel eingesetzt. Trotz besserer Konjunktur bleibe in der Schweiz die Armut auf gleichem Niveau bestehen.
Die stille Übereinkunft, wonach alle vom wirtschaftlichen Wachstum profitieren sollen, gelte offenbar nicht mehr, sagte der frühere Freiburger CSP-Nationalrat. Jüngst gemachte Aussagen von führenden Wirtschaftsvertretern würden diese gefährliche Entwicklung sichtbar machen.
Damit spielte Fasel auf Aussagen des Direktors des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes an. Anfang April hatte Valentin Vogt vor den Medien erklärt, dass er Mindestlöhne ablehne und notfalls – wenn der Lohn nicht zum Leben reicht – die Sozialhilfe einspringen würde. „Diese Haltung ist fatal“, sagte Fasel.
Von einem eigentlich „Missbrauch“ der Sozialhilfe durch die Wirtschaft wollte Fasel nicht sprechen – das würde die Fronten verhärten. Aber: Die Wirtschaftsvertreter würden leider stets vergessen hinzuzufügen, dass die Sozialhilfe über die Steuergelder – also über die Allgemeinheit – finanziert werde.