Mit ihrer Ankündigung zurückzutreten hat die Bundeskanzlerin Corina Casanova viele überrascht – auch die eigene Partei, die CVP. «Ich glaube, niemand hatte meinen Entscheid so erwartet», sagt sie im Interview mit den Zeitungen Tages-Anzeiger und Der Bund vom Dienstag.
Der Entschluss sei im Lauf der letzten Wochen und Monate gereift. Am Montagmorgen habe sie zuerst Nationalratspräsident Stéphane Rossini informiert. Erst danach erfuhr mit CVP-Fraktionschef Filippo Lombardi und Parteipräsident Christophe Darbellay die eigene Parteispitze davon.
Politische Gründe für ihren Rücktritt gebe es keine, sagt sie im Interview, auf die anstehenden Bundesratswahlen angesprochen. Vielmehr sei der Moment da, neuen Kräften Platz zu machen.
Die Bundeskanzlerin führte ihr Amt äusserst diskret aus. Allen recht machen konnte sie es trotzdem nicht. Vor allem aus der eigenen Partei scheint es zum Teil andere Erwartungen gegeben zu haben, wie Casanova im Interview andeutet.
«Sagen wir es so: Sie können in dieser Funktion keine Parteipolitik betreiben», sagte sie. Sie habe als Bundeskanzlerin nicht CVP-Politik gemacht, für sie seien die Institutionen im Vordergrund gestanden. «Das passte nicht immer allen. Das bekam ich hin und wieder zu spüren.»
Bis Ende Jahr ist Casanova noch im Amt. In dieser Zeit müssen die eidgenössischen Wahlen vom Oktober organisiert werden. Auch die Legislaturplanung 2015-2019 wird sie in Anspruch nehmen. Da bleibt keine Zeit fürs Schmieden von Zukunftsplänen: «Über die Zeit danach konnte ich noch nicht nachdenken. Dafür ist das Amt zu intensiv.»