Die Staatsmacht in Ägypten geht weiter gegen die Muslimbrüder vor. Deren Chef Mohammed Badie wurde in der Nacht zum Dienstag verhaftet. Ihm wird die Anstiftung zu tödlicher Gewalt gegen Demonstranten vorgeworfen.
Ein Sprecher des Innenministeriums erklärte am frühen Dienstagmorgen nach Angaben des Nachrichtenportals Ahram Online, Badie sei kurz nach Mitternacht in Kairo in Gewahrsam genommen worden.
Der Chef der Muslimbrüder hielt sich den Angaben zufolge in einer Wohnung unweit des Rabaa-al-Adawija-Platzes auf. Dort waren am vergangenen Mittwoch mehr als 280 Anhänger der Muslimbrüder und des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi getötet worden, als Sicherheitskräfte den Platz gewaltsam räumten.
Ägypten wird seit Wochen von blutigen Auseinandersetzungen zwischen Mursi-Anhängern und Sicherheitskräften erschüttert. Dabei wurden nach Schätzungen 800 Menschen getötet und rund 3000 Menschen verletzt. Unter den Toten ist auch der Sohn von Badie, der am vergangenen Samstag in Kairo erschossen wurde.
Ermittlungen gegen Mursi eingeleitet
Gegen Mohammed Mursi leitete die Staatsanwaltschaft derweil Ermittlungen wegen der Beteiligung an der Tötung von Demonstranten im Dezember 2012 ein. Gleichzeitig sei in diesem Verfahren eine Untersuchungshaft von 15 Tagen angeordnet worden, meldete die Website des Staatsfernsehens am Montag.
Wie genau Mursis Rolle bei den gewaltsamen Übergriffen auf Demonstranten vor dem Ittihadija-Palast in Kairo ausgesehen haben soll, wurde nicht genannt. Der vom Militär entmachtete islamistische Präsident sitzt bereits wegen einer angeblichen Verschwörung mit der radikalen Palästinenserbewegung Hamas bei der Befreiung von Insassen eines Gefängnisses 2011 in Untersuchungshaft.
Blut an den Händen
Nach den Unruhen der vergangenen Tage mit Hunderten Toten hatte die Übergangsregierung über ein Verbot der islamistischen Muslimbruderschaft diskutiert. Der Vorschlag, die Muslimbruderschaft für illegal zu erklären, stammt von Übergangsministerpräsident Hasem al-Beblawi. Er sagte: «Es kann keine Versöhnung geben, mit denjenigen, an deren Händen Blut klebt».
Die Muslimbruderschaft war während der Amtszeit des 2011 gestürzten Präsidenten Husni Mubarak offiziell verboten gewesen. Ihre neu gegründete Partei für Freiheit und Gerechtigkeit ging aus der Parlamentswahl nach dem Sturz Mubaraks als stärkste politische Kraft hervor. Laut Umfragen hat sie seither einen grossen Teil ihrer Popularität eingebüsst.
Rückhalt aus Saudi-Arabien
Der saudische Aussenminister Prinz Saud al-Faisal versprach Ägypten unterdessen im Bedarfsfall Finanzhilfe. Al-Faisal betonte am Montag nach Angaben der saudischen Nachrichtenagentur SPA, sollten die westlichen Staaten ihre Zahlungen für Ägypten kürzen oder mit Kürzungen drohen, würden die arabischen und muslimischen Länder Ägypten helfen. Al-Faisal verteidigte zudem das Vorgehen des ägyptischen Militärs gegen die Islamisten.
Die EU-Aussenbeauftragte Catherine Ashton will am Mittwoch bei einem Sondertreffen der europäischen Aussenminister Vorschläge machen. Zu den Optionen der EU gehören der Stopp von Waffenexporten oder die Sperrung milliardenschwerer Finanzhilfen und Kredite.
Der EU-Sonderbeauftragte Bernardino Leon sagte nach Krisenberatungen der ständigen EU-Vertreter in Brüssel: «Heute wurden keine Optionen ausgeschlossen.» Von Sanktionen sei aber keine Rede gewesen. «Wir sind überzeugt, dass eine politische Lösung möglich ist.»