Die Chefs führender US-Internetkonzerne haben Präsident Barack Obama bei einem Treffen im Weissen Haus zu einer Reform der Geheimdienste aufgefordert. Fast zwei Stunden lang diskutierte Obama am Dienstag mit Apple-Chef Tim Cook, dem Google-Verwaltungsratsvorsitzenden Eric Schmidt und Yahoo-Chefin Marissa Mayer.
Auch die Geschäftsführerin von Facebook, Sheryl Sandberg, und Twitter-Chef Dick Costolo zählten zu den 15 Topmanagern, die an dem Gespräch teilnahmen.
«Wir haben die Möglichkeit geschätzt, unsere Prinzipien beim Thema staatliche Überwachung direkt mit dem Präsidenten zu teilen», erklärten die eingeladenen Manager anschliessend. «Wir haben ihn dazu gedrängt, aggressiv Reformen voranzubringen.»
Das Weisse Haus erklärte, Obama habe sich zu einem offenen und freien Internet bekannt. Die Regierung werde die Sorgen der Technologiekonzerne bei der derzeit laufenden Überprüfung der Geheimdienstarbeit berücksichtigen. Den Angaben zufolge ging es bei dem Treffen auch um die Reparatur des von technischen Pannen geplagten Onlineportals zu Obamas Gesundheitsreform.
Überwachung beschränken
Acht führende US-Internetunternehmen hatten vergangene Woche in einem offenen Brief an Obama eine Beschränkung und stärkere Kontrolle der geheimdienstlichen Überwachung von Bürgern verlangt. Die Technologiefirmen fürchten, dass die Spähaktivitäten der Geheimdienste das Vertrauen der Nutzer in ihre Angebote erschüttern.
Die Enthüllungen des früheren US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden hätten «den Nachweis geliefert, wie dringend die weltweiten Überwachungspraktiken überarbeitet werden müssen», heisst es in dem Schreiben von Branchengrössen wie Google, Microsoft und Facebook. Auch Apple, AOL, Twitter, Yahoo und LinkedIn gehören zu den Unterzeichnern.
Seit Juni haben die Snowden-Dokumente eine Reihe von Spähaktivitäten der NSA und verbündeter Geheimdienste ans Licht gebracht. So überwachte die NSA offenbar nicht nur massenhaft E-Mails und Telefonate von Menschen rund um die Welt, sondern hörte auch Spitzenpolitiker aus befreundeten Staaten ab.
US-Bundesgericht bezeweifelt Verfassungsmässigkeit
Obama gerät wegen der Überwachungsprogramme auch innenpolitisch stärker unter Druck: Am Montag hatte ein Bundesgericht erstmals offen die Verfassungsmässigkeit einer NSA-Praxis in Zweifel gezogen.
Das Gericht in Washington wertete das systematische Abgreifen von Telefondaten durch den Geheimdienst als gravierende Verletzung der Privatsphäre von US-Bürgern. Die Entscheidung ist allerdings vorläufig, um der Regierung die Möglichkeit zu einem Einspruch zu geben.
Für Januar hat Obama eine Rede angekündigt, in der er die Ergebnisse seiner Überprüfung der geheimdienstlichen Tätigkeiten präsentieren will.