Höchste Alarmstufe in Turin: Beim Schlagerspiel der 5. Runde in der Champions League Juventus Turin – Chelsea wird eines der Schwergewichte in der Gruppe E vorentscheidend zurück gebunden.
Die Italiener wären bei einer Niederlage wohl definitiv ausgeschieden. Zumindest für Chelsea könnte vorzeitig alles gut kommen. Gewinnt der Titelverteidiger in Turin steht er vorzeitig als Achtelfinalist fest. Gleiches gilt gleichzeitig für Schachtjor, wenn es bei Nordsjälland siegt.
Neben Chelsea können auch der FC Barcelona und Celtic Glasgow (Gruppe G) auswärts aus eigener Kraft die Qualifikation für die Achtelfinals schaffen. Den Spaniern genügt dazu bei Spartak Moskau ein Remis. Celtic müsste bei Benfica Lissabon gewinnen. Mit fremder Hilfe ist auch für Bayern München und Valencia im Direktduell in der Gruppe F der vorzeitige Sprung in die K.o.-Phase möglich. Endet das Spiel in Spanien unentschieden oder gewinnen die Bayern, stünden sogar beide Teams in den Achtelfinals, sofern BATE Borissow sein Heimspiel gegen Lille verliert.
Mit dem Szenario einer vorzeitigen Qualifikation Chelseas beschäftigen sich die englischen Chronisten allerdings kaum. Für sie steht nicht ein allfälliger Sieg Chelseas im Fokus, sondern die Möglichkeit einer schwarzen Woche für die „Blues“. Eine Niederlage in Turin und eine Pleite am kommenden Sonntag in der Premier League gegen Meister Manchester City und die Tage von Roberto Di Matteo als Coach der Londoner wären wohl gezählt.
Im schlechtesten Fall könnte Chelsea also am Ende der Woche in der Champions League mit anderthalb Beinen ausgeschieden sein und sich in der Meisterschaft einen Rückstand von sieben Punkten auf Platz 1 eingehandelt haben. Diese Aussichten haben das Umfeld und den Trainer nervös gemacht. Während er sich nach dem 1:2 am Samstag gegen West Bromwich Albion vor den Medien gelassen gab, soll Di Matteo in der Kabine getobt haben. Vor allem den Innenverteidiger David Luiz und den Stürmer Fernando Torres soll er mit Kritik eingedeckt haben, wollen englische Zeitungen wissen. Es ist davon auszugehen, dass die beiden gegen Juventus nicht zur Startformation gehören werden.
Di Matteo redet in diesem Zusammenhang von taktischen Überlegungen. „Das hat keine persönlichen Gründe, sondern hat damit zu tun, dass wir als Team besser und kompakter verteidigen müssen.“ In der Tat hat ausgerechnet Chelsea, das im letzten Frühjahr dank seiner herausragenden Abwehr und einer mehrheitlich destruktiven Spielweise den Titel in der Champions League gewann, ein Problem im Defensivverhalten. Weil hinter Torres drei offensive Mittelfeldspieler mit wenig Sinn fürs Verteidigen spielen (Mata, Hazard, Oscar oder Sturridge oder Moses), ist Chelsea gegen Mannschaften die gut umschalten in der eigenen Platzhälfte oft in Unterzahl. Gegen Juventus und Schachtjor Donezk kassierte das Team von Di Matteo in drei Spielen sechs Tore und in der Premier League blieb es letztmals am 22. September ohne Gegentor.
Vielleicht kommt Chelsea in Turin entgegen, dass sich Gegner Juventus, bei dem Stephan Lichtsteiner in der Champions League wohl wieder in der Startformation stehen wird, in letzter Zeit in vielen (Spitzen-)Spielen schwer tat mit dem Tore schiessen. Am letzten Samstag beispielsweise gelang gegen Lazio Rom trotz massiver Überlegenheit kein Treffer. Sehr oft stehen beim Serie-A-Meister Aufwand und Ertrag in einem Missverhältnis, weil die Stürmer, zumal in Abwesenheit des Montenegriners Mirko Vucinic, zu wenig gut sind, um die Entscheidung herbeizuführen. Fabio Quagliarella, Sebastian Giovinco, Alessandro Matri und Nicklas Bendtner verkörpern gehobenen Durchschnitt, mehr aber nicht.
Die Turiner Hoffnungen ruhen so auf Andrea Pirlo. Er soll die genialen Zuspiele liefern, die den Stürmern ein leichtes Treffen ermöglichen. Ausgerechnet jener Pirlo könnte also Chelsea sehr weh tun, der vor drei Jahren um ein Haar in London gelandet wäre. „Ich war damals mit Chelsea einig, doch dann liess mich Milan nicht gehen“, sagte der Italiener gegenüber dem „Daily Mail“. Dem verhinderten Transfer trauert er heute noch nach, denn „ich würde gerne mal die Erfahrung der Premier League machen“. Allerdings, gibt Pirlo zu, stehe ihm heute Manchester City näher als Chelsea, „weil es einen italienischen Trainer hat (Roberto Mancini – Red.)“. Das hätte Chelsea mit Di Matteo zwar auch – doch vielleicht sorgt Pirlo dafür, dass dem nicht mehr lange so ist.