Chile strebt im Final der Copa America (22.00 Uhr) seinen ersten Titelgewinn an. In Santiago trifft der Gastgeber auf Argentinien. Die beiden Nachbarstaaten verbindet eine leidenschaftliche Rivalität.
Zum 37. Mal bestreitet Chile eine Copa America. Die Ausbeute des sechstgrössten südamerikanischen Landes ist seit der ersten Austragung 1916 bescheiden. 1979 und 1987 erreichte die Nationalmannschaft den Final. Zwei weitere Male, in den Fünfzigerjahren, als das Turnier noch im Liga-Modus durchgeführt wurde, belegte sie ebenfalls den 2. Platz. Von den zehn zuletzt ständigen Teilnehmern an der Copa America warten neben Chile nur noch Ecuador und Venezuela auf den ersten Titel.
Nun scheint der Zeitpunkt für Chile perfekt, um sich in die Siegerliste einzutragen. Es spielt den Final daheim vor über 45’000 Zuschauern und kann auf eine Generation zurückgreifen, die nicht erst seit diesem Jahr als die beste aller Zeiten angesehen wird. Arturo Vidal und Mauricio Isla spielen bei Juventus Turin, Eduardo Vargas bei Napoli, Gary Medel bei Inter Mailand, Matias Fernandes bei der Fiorentina. Bei den letzten zwei Weltmeisterschaften scheiterten die Chilenen im Achtelfinal, zuletzt in Brasilien erst nach Penaltyschiessen am Gastgeber.
Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet zwei Argentinier für den Aufschwung des chilenischen Fussballs in den letzten Jahren mitverantwortlich sind: der aktuelle Nationalcoach Jorge Sampaoli und dessen Vorgänger Marcelo Bielsa. Die beiden Nachbarstaaten sind nicht immer gut aufeinander zu sprechen. In den Tagen vor dem Final vermischten sich in den Kommentaren auf beiden Seiten Politik und Sport. Die Argentinier werfen den Chilenen immer noch vor, dass diese sich während des Krieges um die Falklandinseln auf die Seite der Engländer geschlagen hatten.
«Auch nach all den Jahren vergessen wir nicht, dass ihr Verräter seid… Hoffentlich wird euch das Meer überschwemmen, dann können euch die Engländer beim Schwimmen helfen», sangen argentinische Fans. Das kam in Concepcion, wo Argentinien den Halbfinal gegen Paraguay mit 6:1 gewann, nicht gut an. Die Stadt hatte 2010 schwer unter einem Tsunami gelitten. Die chilenischen Zuschauer im Stadion reagierten mit Pfiffen und Buhrufen.
Die argentinische Nationalmannschaft ist sich Antipathie aus den Fan-Rängen spätestens seit der letzten WM gewohnt. Damals waren es die Brasilianer, die sich gegen den zweifachen Weltmeister stellten, auch im Final gegen Deutschland (0:1 nach Verlängerung). Argentiniens Captain Javier Mascherano forderte trotzdem etwas Zurückhaltung: «Ich hoffe, die Leute verstehen, dass Fussball ein Sport ist… Es ist kein Krieg.»
Auch der Druck auf die Argentinier ist gross. Die «Albiceleste» wartet seit 22 Jahren auf einen Turniersieg. Lionel Messi half seinem Land zwar 2008 in Peking, den Olympiasieg zu erringen, doch gemessen an seinem Talent ist es eine geringe Ausbeute in den Nationalfarben. Nun wird vom Superstar heute eine ähnliche Leistung erwartet wie im Halbfinal, als er mit fünf Assists glänzte. Zumindest die Statistik spricht klar für Messi und Co. Chile konnte in 24 Versuchen bei der Copa America noch nie gegen Argentinien gewinnen.