Doppelter Affront beim Besuch des britischen Premierministers David Cameron in Peking: Erst durfte ein Reporter nicht zu einer Medienkonferenz. Dann machte sich eine Staatszeitung über die einstige Weltmacht Grossbritannien lustig.
Camerons Regierung müsse einsehen, dass Grossbritannien in Chinas Augen eine verblichene Grossmacht sei, schrieb die Zeitung «Huanqiu Shibao» am Dienstag in einem Leitartikel. «Es ist nur ein altes europäisches Land, das noch zum Reisen oder Studieren taugt.»
Der Kommentar in der vom Parteiorgan «Volkszeitung» herausgegebenen Zeitung ist selbst für chinesische Verhältnis ungewöhnlich scharf. Cameron hatte sich bei Treffen mit Chinas Regierung für die Abschaffung von Handelsschranken des Landes mit der EU ausgesprochen.
Journalist ausgeschlossen
Zudem gab es Streit über chinesische Beschränkungen für Camerons Medienbegleitung. Die Regierung in Peking verweigerte dem britischen Reporter der Nachrichtenagentur Bloomberg, Robert Hutton, den Zugang zu einer Medienbegegnung mit Cameron und Ministerpräsident Li Keqiang am Montag in der Grossen Halle des Volkes.
Die britische Regierung zeigte sich «tief besorgt» und protestierte auf hoher Ebene gegen die «völlig unangemessene» Entscheidung, wie eine Sprecherin am Dienstag sagte.
Auslöser ist nach Einschätzung von Beobachtern die Verärgerung der chinesischen Regierung wegen eines früheren Berichts der Nachrichtenagentur über den Reichtum der Familie von Staats- und Parteichef Xi Jinping. Seither ist die Webseite der Agentur in China blockiert.
Weiter nach Shanghai
Nach dem Treffen mit Chinas Staatsführung reiste Cameron von Peking nach Shanghai weiter. Er wird bei seinem dreitägigen Besuch von einer Delegation von mehr als 100 hochrangigen Wirtschaftsvertretern begleitet.
Die Beziehungen zwischen London und Peking gelten als belastet, nachdem Cameron vor eineinhalb Jahren in London den Dalai Lama getroffen hatte. Am Montag hatte der Premierminister daraufhin ausdrücklich Tibet als Teil Chinas anerkannt, wie Chinas Staatsfernsehen berichtete. Am Mittwoch will die Delegation in das zentralchinesische Chengdu weiterreisen.