Chinesische Journalistin Gao Yu zu sieben Jahren Haft verurteilt

Die renommierte chinesische Journalistin Gao Yu ist am Freitag in einem umstrittenen Prozess erneut verurteilt worden. Die 71-Jährige muss wegen der Weitergabe von Regierungsunterlagen sieben Jahre in Haft.

Eine Aufnahme der veruteilten Journalistin Gao Yu aus dem Jahr 2012 (Bild: sda)

Die renommierte chinesische Journalistin Gao Yu ist am Freitag in einem umstrittenen Prozess erneut verurteilt worden. Die 71-Jährige muss wegen der Weitergabe von Regierungsunterlagen sieben Jahre in Haft.

Gao habe «illegal Staatsgeheimnisse an Ausländer weitergegeben», hiess es in der Mitteilung des Gerichts. Berichten zufolge ging es im Prozess um das Bekanntwerden eines internen Papiers der regierenden Kommunistischen Partei im Jahr 2013.

Darin sei zu einer entschiedenen Unterdrückung abweichender Meinungen aufgerufen worden. Ausserdem sei vor Demokratien nach westlichem Vorbild und Kritik an der historischen Bilanz der KP gewarnt worden.

Berufung angekündigt

Gaos Anwalt Shang Baojun erklärte: «Wir sind sehr enttäuscht über das Urteil.» Seine Mandantin habe nach der Urteilsverlesung mit «fester Stimme» angekündigt, Berufung einzulegen. Weitere Äusserungen seien ihr nicht gestattet worden.

Anwalt Shang hatte in dem Prozess kritisiert, Gao sei mit Drohungen gegen ihren Sohn ein Geständnis abgepresst worden. Die Journalistin war Ende April vergangenen Jahres verschwunden, einen Monat später bekannte sie im Staatsrundfunk, sie habe einen «Fehler» begangen. Diese Äusserung wurde vor Gericht als Beweis für ihre Schuld angeführt. Im November hatte die Verhandlung vor Gericht begonnen.

Schweizer Diplomat abgewiesen

15 Diplomaten aus westlichen Ländern wie Deutschland, Frankreich, Österreich, den USA und auch der Schweiz versuchten vergeblich, dem Prozess zu folgen. Sie wurden von Gerichtspersonal abgewiesen. «Man sagte uns nur, in dem Verhandlungsraum sei kein Platz mehr», sagte ein Diplomat.

Der Begriff Staatsgeheimnis wird in der Volksrepublik sehr weit ausgelegt. Die Definition kann sich unter anderem auf Informationen über Umweltverschmutzungen, Unternehmen oder die Zahl der Hinrichtungen in China beziehen.

Gao sei «das Opfer von vage formulierten und willkürlichen Gesetzen zu Staatsgeheimnissen, die im Rahmen des Angriffs der Behörden auf die Meinungsfreiheit gegen Aktivisten angewandt werden», erklärte der für die Menschenrechtsorganisation Amnesty International arbeitende Wissenschaftler William Nee. Auch die Organisation Reporter ohne Grenzen hatte Gaos Festnahme kritisiert.

In den 90er Jahren im Gefängnis

Die Journalistin ist eine profilierte Verteidigerin liberaler Werte. Sie wurde im Zusammenhang mit der Niederschlagung der Proteste auf dem Pekinger Tiananmen-Platz 1989 festgenommen. In den 1990er Jahren wurde sie für ihre politischen Schriften bereits wegen des «Verrats von Staatsgeheimnissen» für sechs Jahre ins Gefängnis gesteckt.

Vergangenes Jahr wurde Gao im Vorfeld des 25. Jahrestags der Tiananmen-Proteste mit Dutzenden anderen Regierungskritikern vorübergehend festgenommen. Das International Press Institute setzte Gao im Jahr 2000 auf seine Liste der 50 «Helden der Weltpresse».

Für Deutsche Welle gearbeitet

In China darf sie schon lange nicht mehr publizieren. Gao schrieb aber für ausländische Medien wie den chinesischen Dienst des deutschen Auslandssenders Deutsche Welle. Der Sender hatte auf die Freilassung der Journalistin gehofft.

Die Europäische Union äusserte sich sehr besorgt über das Vorgehen gegen Gao Yu. «Das hat unsere Sorge um die Lage von Menschenrechtsaktivisten verstärkt», hiess es in einer Stellungnahme. Journalisten und Blogger würden in China verfolgt, obwohl sie nur ihr Recht auf freie Meinungsäusserung in Anspruch nehmen wollten.

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