Der regimekritische chinesische Autor Yu Jie ist überraschend ausgereist. „Ich bin gerade in den USA eingetroffen“, berichtete der Bürgerrechtler am Donnerstag der Nachrichtenagentur dpa in Peking in einer kurzen E-Mail.
Auf die Umstände seiner Ausreise ging Yu Jie zunächst nicht ein. Er wolle sich erst etwas ausruhen. Mit der verschärften Verfolgung der chinesischen Bürgerrechtsszene seit Herbst 2010 war auch Yu Jie im vergangenen Jahr unter Druck geraten und hatte längere Zeit unter Hausarrest gestanden.
Der Literaturwissenschaftler Yu Jie war in der chinesischen Untergrundkirche aktiv und den Behörden auch deswegen ein Dorn im Auge. Bekannt wurde der 38-Jährige unter anderem durch sein Buch über den chinesischen Ministerpräsidenten, „Chinas grösster Schauspieler: Wen Jiabao“.
Tabubruch
Das Buch ist in China verboten, doch war es in Hongkong erschienen. Mit seiner direkten, persönlichen Kritik am chinesischen Regierungschef hatte Yu Jie in China ein Tabu gebrochen.
Er ist ein Freund des inhaftierten chinesischen Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo und hatte auch die „Charta 08“ für Freiheit und Demokratie in China unterzeichnet. Mit Liu Xiaobo zählte Yu Jie zu den Mitbegründern des chinesischen PEN-Clubs unabhängiger Schriftsteller.
2006 war der protestantische Bürgerrechtler mit zwei anderen christlichen chinesischen Aktivisten von US-Präsident George W. Bush im Weissen Haus empfangen worden.