Schweizer Banken sollen die unethische Spekulation auf Nahrungsmittel stoppen, fordern die Hilfswerke Brot für alle und Fastenopfer. Nach ihren Angaben bieten in der Schweiz zehn Banken Finanzprodukte mit Anlagen auf Agrarrohstoffe wie Weizen, Mais oder Reis an.
Diese hätten ein Volumen von 3,6 Mrd. Franken, heisst es in der am Dienstag veröffentlichten Studie. Der mit Abstand grösste Schweizer Anbieter solcher Finanzprodukte ist mit einem Volumen von 2,4 Mrd. Fr. demnach die CS-Gruppe.
Auf Platz zwei dieser Liste rangieren die Privatbank J. Safra Sarasin und die Grossbank UBS mit je rund 340 Mio. Fr. Agrar-Investitionen. Aber auch die Waadtländer und die Zürcher Kantonalbank sind unter den ersten Zehn platziert.
Die Hilfswerke argumentieren, die Spekulation auf Nahrungsmittel führe zu starken Preisschwankungen auf den Rohwarenbörsen. Dies gehe schliesslich zu Lasten der Ärmsten, die ohnehin zwischen 50 und 90 Prozent ihres monatlichen Einkommens für Lebensmittel aufwenden müssten. Zudem führe die Spekulation in vielen Teilen der Welt, insbesondere in den Ländern des Südens, zu mehr Hunger.
An die Schweizer Banken – und allen voran an die Credit Suisse – wird daher der Appell gerichtet, sich aus dem «unethischen Geschäft» zurückzuziehen und die Spekulation auf Agrarrohstoffe zu stoppen.
CS leitet Teilausstieg ein
Die CS lässt diesen Vorwurf nicht einfach auf sich sitzen: «Die Credit Suisse betreibt keinen Eigenhandel mit Agrarrohstoffen und führt ausschliesslich Transaktionen im Auftrag von Kunden aus», teilte die Bank auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda mit.
Die wenigen CS-Anlageprodukte, die einzig in Nahrungsmittel investierten, würden mit dem Ende ihrer Laufzeit nicht mehr verlängert und damit vom Markt entfernt. Es würden auch keine neuen solche Produkte aufgelegt. Diesen Ausstieg hat die CS laut ihrem Sprecher Marc Dosch bereits im April angekündigt. Die Grossbank nähme die Bedenken über die Rolle der Finanzmärkte in diesem Bereich ernst.
Die Autoren sprechen in ihrer Studie jedoch viel allgemeiner von «Investmentfonds, bei denen mindestens ein Teil des Kapitals in Agrarrohstoffen angelegt ist», und schliessen sogenannte Mischfonds mit ein. Sie fordern entsprechend einen Stopp jeglicher Finanzanlagen auf Agrarrohstoffe.
Weitere Ursachen
Die Untersuchung der Hilfswerke basiert ausschliesslich auf Zahlen von öffentlich zugänglichen Finanzprodukten. Nicht öffentlich zugängliche Anlageprodukte, etwa aus dem Privatkunden-Geschäft, werden nicht berücksichtigt. Das Spekulationsvolumen dürfte insgesamt noch höher sein, schreiben die Autoren dazu in der Mitteilung.
Die CS kommt laut Dosch entsprechend zu anderen Zahlen als die Autoren. Die Frage, wie stark die Investment-Tätigkeiten von Banken für die Preisschwankungen bei den Nahrungsmitteln mitverantwortlich sind, ist zudem umstritten, auch unter Ökonomen.
Die CS etwa misst anderen Faktoren einen viel entscheidenderen Einfluss zu, etwa der steigenden globalen Nachfrage (getrieben vor allem durch Bevölkerungswachstum, verändertes Essverhalten in aufstrebenden Ländern, Biotreibstoffe) sowie Klimaeinflüssen oder Exportrestriktionen.
«Zudem sind wir ein äusserst kleiner Marktteilnehmer bei Anlageprodukten, die ausschliesslich in Nahrungsmittel investieren», schreibt die CS in ihrer Stellungnahme weiter. Die wirklich grossen Akteure seien Institute wie die Investmentbanken Goldman Sachs oder Morgan Stanley, so Dosch. Gemessen am globalen Volumen sei der Einfluss der Schweizer Banken schwindend klein.
Gewisse Geldhäuser haben dem öffentlichen Druck jedoch nachgegeben und angekündigt, die Nahrungsmittelspekulation ganz aufzugeben. So etwa die deutsche Commerzbank.
Volksinitiative lanciert
In der Schweiz ist ein Ausstieg aus der Spekulation mit Nahrungsmitteln und Agrarrohstoffen bereits ein Thema. Ende September 2012 haben die Jungsozialisten (Juso) eine entsprechende Volksinitiative lanciert. Sie soll unter anderem Banken, Versicherungen und Pensionskassen den Handel und das Investieren in diese Finanzprodukte verbieten. Die Unterschriftensammlung läuft noch bis Ende März 2014.