Alles ist bereit für die Eröffnung: Christos schwimmende Stege in Norditalien sind nach monatelangen Vorarbeiten installiert, die Hotels sind ausgebucht. Jetzt könnte nur noch das Wetter einen Strich durch die Rechnung machen – über dem Iseo-See drohen Gewitter.
«The Floating Piers» hat der Verhüllungskünstler Christo sein neuestes Grossprojekt in Italien genannt. Ab Samstag können Besucher gut zwei Wochen lang auf schwimmenden, gelbglänzenden Stegen über das Wasser des Iseo-Sees in der Lombardei wandeln. 500’000 Leute werden erwartet.
Damit kehrt der 81-Jährige erstmals seit 40 Jahren mit einem spektakulären Kunstprojekt nach Italien zurück. 1974 hatten Christo und seine 2009 gestorbene Ehefrau Jeanne-Claude einen Teil der Aurelianischen Mauer in Rom in Stoff verpackt («Wrapped Roman Wall»).
Die stimmungsvollen Stege im See sind drei Kilometer lang und 16 Meter breit und verbinden den Ort Sulzano auf dem Festland mit der Insel Monte Isola und von dort mit dem kleineren Eiland San Paolo. Die Stege wurden aus 200’000 Schwimmwürfeln aus Kunststoff gebaut und anschliessend mit dahliengelb-schimmerndem Polyamidgewebe überzogen.
Die 70’000 Quadratmeter Stoff wurden in der Nähe von Münster von derselben Firma hergestellt wie das Gewebe, mit dem Christo und Jeanne-Claude 1995 den Berliner Reichstag verhüllt hatten.
Das Besondere an dem Projekt ist, dass die Stege nicht schaukeln wie ein Boot, sondern die Bewegung der Wellen nachahmen, sie in sich aufnehmen. Kulturminister Dario Franceschini, der die Floating Piers bereits vor wenigen Tagen besuchen durfte, schwärmte: «Man hat wirklich das Gefühl, über Wasser zu gehen, so flexibel ist die Struktur.»