Im kommenden Jahr leitet der jurassische Sozialdemokrat Claude Hêche den Ständerat.
Die kleine Kammer wählte den 61-jährigen Claude Hêche am Montag mit 44 Stimmen zu ihrem Präsidenten. Ein Zettel war leer, auf einem stand ein anderer Name. Hêche löst Hannes Germann (SVP/SH) ab.
Hêche ist der erste Vertreter des jüngsten Schweizer Kantones – der Jura hatte 1979 seine Souveränität erlangt – an der Spitze von einer der beiden eidgenössischen Kammern. Laut Hêche standen zwar vor ihm schon drei Jurassier Parlamentskammern vor, indes noch unter Berner Flagge.
Mit Claude Hêche als Ständerats- und dem Walliser Stéphane Rossini als Nationalratspräsident sind heuer gleich beide Parlamentskammern unter sozialdemokratischer Führung – eine Premiere. Zudem wird auch die Landesregierung mit Simonetta Sommaruga von einer SP-Politikerin geleitet. Turnus-Zufälle haben zu dieser Konstellation geführt.
Über Jahrzehnte stellten im Ständerat fast immer die CVP- und FDP-Fraktionen das Präsidium. Ungefähr alle fünf Jahre kamen die übrigen Fraktionen zum Zug. Erst seit 2004 wird die Fraktionsgrösse bei der Besetzung des Präsidiums berücksichtigt.
Stiller Schaffer
Hêche war 1952 in Pruntrut in der Ajoie zur Welt gekommen. Seine politische Karriere verlief traditionell: Er begann als Gemeinderat und später Präsident der Gemeinde Courroux, in der er heute noch lebt. 1983 wurde er ins jurassische Parlament und 1995 in die Kantonsregierung gewählt. 2007 folgte der Schritt in den Ständerat.
Weil er das Rampenlicht nicht sucht, ist der gelernte Bauzeichner und zweifache Vater in der Deutschschweizer Öffentlichkeit wenig bekannt. Unter der Bundeshauskuppel indes wird er als dossierfester Kompromisse-Schmied geschätzt. Zu seinen wichtigsten Themen zählt der öffentliche Verkehr, namentlich die Bahn.
In seiner Antrittsrede würdigte Hêche seinen Heimatkanton als Schweizer Brückenkopf nach Frankreich, Deutschland und Europa. Er warb für die sprachliche Vielfalt als Stärke des Landes; eine zweite Landessprache zu erlernen sei eine «Lebensversicherung für die Schweiz», sagte er.
Solidarität und Teamgeist
Mit Verweis auf das Ende des zweiten Weltkrieges vor 70 Jahren warb Hêche aber auch für Engagement der Schweiz für die Interessen des ganzen Kontinents, über die Eigeninteressen hinaus.
Seine Wahl betrachtet Hêche auch als Zeichen der Verbundenheit mit dem Jura. Die Gründung des Kantons Jura, eine wichtige Veränderung der politischen Landschaft, zeige den Wert des Föderalismus‘: Man könne stolz sein auf ein Land, das seine inneren Grenzen auf diese Weise in Frage stellen kann.
Germann gab das Präsidium ab mit einem Verweis auf den «historischen Sieg» der Schweizer Tennis-Nationalmannschaft im Daviscup, eines kleinen Landes in einem Wettbewerb von über hundert teilnehmenden Ländern: Nur mit Beharrlichkeit und Teamgeist sei dies möglich geworden, und diese Tugenden seien auch im Parlamentsbetrieb gefragt.
Germann bilanzierte zu seinen drei Staatsbesuchen als Ständeratspräsident in China, Deutschland und Australien, dass diese Länder zusammen einen Viertel des Aussenhandelsvolumens der Schweiz ausmachten. Dazu müsse der wirtschaftspolitische Rahmen stimmen, und diesen müsse das Parlament pflegen.