Conchita Wurst plädiert in Zürich «mit Hirnlappen» für Toleranz

Conchita Wurst will sich in keine Schublade stecken lassen, sie bräuchte eine ganze Kommode. Die bärtige ESC-Siegerin sieht sich als Musikerin und Kunstfigur im Einsatz für mehr Toleranz. Bei ihrem Besuch in Zürich hatte sie zudem «ihren Hirnlappen» dabei.

Conchita Wurst freut sich über den nach ihr benannten Preis (Bild: sda)

Conchita Wurst will sich in keine Schublade stecken lassen, sie bräuchte eine ganze Kommode. Die bärtige ESC-Siegerin sieht sich als Musikerin und Kunstfigur im Einsatz für mehr Toleranz. Bei ihrem Besuch in Zürich hatte sie zudem «ihren Hirnlappen» dabei.

Die österreichische Dragqueen war am Freitag anlässlich des Schwulen- und Lesbenfestivals, der Zurich Pride, in die Schweiz gereist. Den Hirnlappen habe sie dabei, sagte sie vor den Medien in Bezug auf eine Aussagen, die gemäss Medienberichten SVP-Nationalrat Toni Bortoluzzi über Homosexuelle gemacht haben soll.

Bortoluzzi soll demnach gesagt haben, gleichgeschlechtliche Paare hätten einen Hirnlappen , der verkehrt läuft. Homophobe Bemerkungen dieser Art quittiere sie meist einfach mit einem «Aha» und ärgere sich nicht darüber, sagte Wurst. Wenn Menschen derart diskriminierende Aussagen machten, würden sie sich selbst disqualifizieren.

Wurst sollte noch am Freitagabend auf dem Zürcher Kasernenareal auftreten und eine Auszeichnung entgegennehmen, die eigens für sie kreiert worden war – den «Unstoppable: The Conchita Wurst Award». Damit wird sie für ihr Engagement für Toleranz geehrt.

Weder Heldin noch skurril – nur langweilig

Sie freue sich über den Preis, aber als Heldin der Homosexuellen sehe sie sich nicht, sagte Wurst im Gespräch mit der Nachrichtenagentur sda. «Ich bin weder Botschafterin noch Vorbild», erklärt sie. «Es bedarf auch keinen Muts oder Durchhaltevermögens, einfach sich selbst zu sein.» Aber es ehre sie, dass sie so wahrgenommen werde.

Seit ihrem Sieg am diesjährigen Eurovision Song Contest sorgt die bärtige Lady weltweit für Schlagzeilen, vor allem wegen ihres Aussehens. Dabei ist es für Wurst selbst befremdlich, wenn man sie als «skurril» oder «schrill» wahrnehme. «Ich bin eigentlich völlig dezent und langweilig», sagt die Sängerin über sich selbst.

Wurst wird mitunter vorgeworfen, sie tue schwulen Männern gar keinen Gefallen, sondern zementiere mit ihrem Auftreten die Vorurteile gegenüber Homosexuellen. Frauenkleider und Perücke zu tragen, sei aber keineswegs der einzige Weg für einen schwulen Mann, glücklich zu werden, entgegnet Wurst.

Dieses Outfit sei einfach ihr Zugang, ihr eigenes Leben, betont die Dragqueen. Sie wolle alle nur dazu ermuntern, zu tun, was sie möchten, solange man niemanden damit schade.

Zurzeit ist die Kunstfigur Wurst, hinter welcher der 25-jährige Österreicher Tom Neuwirth steckt, in aller Munde. Dabei wolle sie sich doch gar nicht aufdrängen, sagt Wurst. So sei sie eine der Künstlerinnen, die am wenigsten via Twitter, Facebook oder Instagram kommunizierten – zum Leidwesen ihrer Fans.

Bei aller Diskussion über Bärte, Perücken und Toleranz ist bei Conchita Wurst die Musik etwas in den Hintergrund gerückt. Die Künstlerin, die Musik und Engagement für Toleranz unter einen Hut bringen will, plant für dieses Jahr aber ihr erstes Album.

Angst davor, eine Eintagsfliege zu werden, hat Wurst nicht. «Was passiert, passiert. Ich kann nur hart daran arbeiten, dass meine Karriere nach oben geht», sagt Wurst. «Im Showbusiness gibt es keine Garantie, dass man das bis ans Lebensende machen kann.»

Unerwünscht in Russland

Derzeit tingelt Wurst durch viele Länder Europas, spricht über Toleranz und trägt ihren ESC-Siegertitel «Rise like a Phoenix» vor. Nicht eingeladen wird sie in Länder wie Russland, Weissrussland oder Aserbaidschan, die als wenig tolerant gegenüber Homosexuellen gelten.

«Dabei stammen 90 Prozent aller Anfragen nach Autogrammkarten aus dem Osten Europas», sagt sie. Klar sei es schade, dass die Verantwortlichen sie nicht in russische oder weissrussische Shows einladen. «Aber wie gesagt, ich will mich ja nicht aufdrängen.»

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