Während der Druck auf die Ermittler im Münchner Kunstfund steigt, hat sich der Kunsthändler-Sohn Cornelius Gurlitt erstmals seit Bekanntwerden des Falles zu Wort gemeldet. Der 79-Jährige schrieb einen Brief an das Nachrichtenmagazin «Spiegel».
In einem Brief bittet Cornelius Gurlitt den «Spiegel», den Namen Gurlitt «nicht mehr in Ihrem Blatt erscheinen zu lassen». Das berichtet das Magazin in seiner Onlineausgabe. Dem Kunsthändler-Sohn gehe es offenbar darum, dass sein Vater nicht in Zusammenhang mit dem Nazi-Regime gebracht werde. Damit hat er sich erstmals seit Bekanntwerden des Falles zu Wort gemeldet.
Laut «Focus» und «Bild am Sonntag» geht der deutsche Zoll davon aus, dass Gurlitt ein Grossteil der 1406 bei ihm gefundenen Werke rechtmässig gehört. Nach einem Bericht des Zollkriminalamts (ZKA) stammen die 315 als «entartet» beschlagnahmten Kunstwerke aus der Wohnung Gurlitts «ausschliesslich aus staatlichen und städtischen Museen».
Gurlitts Vater, der Kunsthändler Hildebrand Gurlitt, habe 1940 dem Propagandaministerium gut 200 Exemplare sogenannt «entarteter» Kunst für 4000 Schweizer Franken abgekauft – darunter die Werke «Bauernfamilie» von Pablo Picasso, «Spaziergang» von Marc Chagall und «Hamburger Hafen» von Emil Nolde.
1941 habe er dann weitere 115 Werke «entarteter» Kunst vom Staat erworben. Deshalb dürften «Rückgabe/Restitutionsansprüche der ehemaligen Eigentümer dieser Werke nicht durchsetzbar sein», heisst es in dem ZKA-Bericht. Es sei auch zweifelhaft, dass Gurlitt wegen hinterzogener Einfuhrumsatzsteuer angeklagt werde.
In der Wohnung seien auch 181 Bilder beschlagnahmt worden, die mit «grosser Wahrscheinlichkeit» einem jüdischen Sammler in Dresden gehört hätten, der sie vor seiner Flucht unter dem Druck des Nazi-Terrors verkauft habe. Die Erben des Sammlers hätten nach Einschätzung des Zolls Anspruch auf Rückgabe der Werke.
In München aufgespürt?
Die Augsburger Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Gurlitt wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung und Unterschlagung. Im Februar 2012 hatte sie in seiner Wohnung in München-Schwabing die Bilder beschlagnahmt, was erst vergangene Woche bekannt wurde.
Seitdem schien Gurlitt abgetaucht. Jedoch will ihn jetzt die französische Illustrierte «Paris Match» in einem Einkaufszentrum in München-Schwabing aufgespürt haben. Allerdings habe der Mann nichts sagen wollen: Vertrauen von der falschen Seite sei das Schlimmste, was passieren könne, zitierte «Paris Match» den Mann.
Ein Foto zeigte einen eleganten älteren Herrn im Mantel. Bei der Razzia beschlagnahmten die Ermittler laut «Focus» auch Hildebrand Gurlitts Geschäftsbücher. Darin seien die Namen jüdischer Sammler vermerkt, denen er Bilder abgekauft habe, meist zu Spottpreisen.