Nach den erschreckend schwachen Schweizer Wirtschaftsdaten im zweiten Quartal gehen die Konjunkturauguren über die Bücher. Die Credit Suisse und das Wirtschaftsforschungsinstitut Bakbasel senken ihre Prognosen das Wachstum des Bruttoinlandproduktes (BIP) auf 1,4 Prozent.
Bislang waren die Ökonomen beider Institute von 2,0 Prozent Wachstum ausgegangen. Auch für das nächste Jahr ist die Grossbank pessimistischer: Die BIP-Prognose werde von 1,8 auf 1,6 Prozent zurückgefahren, teilte die CS am Dienstag vor den Medien in Zürich mit. Die Bakbasel senkte derweil ihre Prognose für 2015 wird von 2,3 auf 1,9 Prozent, wie sie gleichentags bekannt gab.
«Wir alle müssen noch den Schock der BIP-Zahlen vom zweiten Quartal verdauen, als laut dem Staatsekretariat für Wirtschaft Seco die Schweizer Wirtschaft zum Stillstand gekommen war», sagte CS-Ökonom Claude Maurer.
Zwischen April und Juni war die hiesige Konjunktur gegenüber dem Startquartal nicht vom Fleck gekommen. Und verglichen mit dem Vorjahresquartal betrug das BIP-Wachstum lediglich 0,6 Prozent.
«Superzyklus» läuft aus
Der so genannte «Superzyklus» aus tiefen Zinsen, einem Immobilienpreisboom und hohen Einwanderungsraten laufe aus, sagte Maurer. Und die Binnenwirtschaft verliere an Dynamik, hiess es weiter. Gerade das Wachstum des Privatkonsums dürfte sich in diesem Jahr gegenüber 2013 fast halbieren auf 1,2 Prozent, sagte Maurer.
Allerdings habe es einen Sonderfaktor gegeben: Die Umstellung der Spitalfinanzierung auf die neuen Fallpauschalen im 2012 habe den Vergleich zum Vorjahresquartal verzerrt. 2013 seien viele Spitalkosten verrechnet worden, die eigentlich im 2012 angefallen seien.
Dies habe die Gesundheitskosten im Vorjahr nach oben getrieben, die einen beträchtlichen Teil des Privatkonsums ausmachten. Heuer habe sich die Lage wieder normalisiert, erklärte Maurer: «Nichts destotrotz: das Wachstumsbild hat sich eingetrübt.»
Hinzu komme, dass die Zuwanderung abflaue, auch weil es weniger neue Jobs gebe. Damit kämen weniger zusätzliche Konsumenten in die Schweiz. Auch das Wachstum der Immobilienpreise habe sich merklich abgeschwächt. «Wir sehen bei einigen Hotspots schon fallende Preise wie in den Regionen Genf oder Pfannenstil», sagte Maurer.
Export zu schwach
Die Erholung der Schweizer Exportwirtschaft sei zu verhalten, als dass sie den eingebüssten Schwung der Binnenwirtschaft genügend kompensieren könne. Die Gründe seien Deutschland und der Rest der Euro-Zone, sagte Maurer. Solange die Eurozone nicht massiv an Fahrt gewinne, solange sei auch in der Schweiz keine Beschleunigung der Exporte zu erwarten.
In Italien und Frankreich wirkten die schwachen Fundamentaldaten und die unzureichende Reformwilligkeit wieder verstärkt negativ auf das Wachstum, erklärte die Bakbasel. Dazu komme, dass viele Schwellenländer weiterhin schwächelten.
Der Risikomix sei insgesamt heterogener und unberechenbarer als noch vor kurzem, hält Bakbasel fest. So hätten sich insbesondere die geopolitischen Spannungen mit dem Konflikt in der Ukraine massiv zurückgemeldet. Dazu kämen die Konfliktherde im arabischen, aber auch im asiatischen Raum.
Zudem bestünden ökonomische Risiken wie die Gefahr sich verfestigender deflationärer Tendenzen in der Eurozone oder Befürchtungen, dass der anstehende Richtungswechsel in der US-Geldpolitik misslinge. Und neben den vielschichtigen globalen Unsicherheiten spielten auch Schweiz-spezifische Risikofaktoren, wie die Annahme der Masseneinwanderungsinitiative, eine Rolle.
Der schwächere Konjunkturausblick bleibt laut Bakbasel nicht ganz ohne Konsequenzen auf dem Arbeitsmarkt. So werde die Arbeitslosigkeit in der Schweiz bis Ende 2015 von derzeit saisonbereinigt 3,2 Prozent nur minimal auf rund 3,1 Prozent zurückgehen. Ins gleiche Horn stösst die Credit Suisse.