Vor knapp hundert Jahren hatten die Christlichdemokraten das letzte Mal eine Volksinitiative zustande gebracht. Jetzt reicht die CVP mit ihren beiden Familieninitiativen gleich zwei ein. Für die beiden Begehren sammelte die Partei je rund 120’000 Unterschriften.
Dass ihr dies gelingen würde, sei zwischenzeitlich fraglich gewesen, sagte Parteipräsident Christophe Darbellay bei der Übergabe der Unterschriften an die Bundeskanzlei am Montag vor angereisten Parteifreunden. „Wir haben fast nicht mehr daran geglaubt.“
Darbellay erklärte, das Sammeln von 120’000 Unterschriften sei beachtlich „in Zeiten, wo es andere Parteien nicht schaffen, Initiativen oder Referenden zustandezubringen“.
Die eine der beiden Volksinitiativen will die Ehe als Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau in der Bundesverfassung verankern. Verheiratete Paare sollen gegenüber unverheirateten nicht steuerlich oder bei den Sozialversicherungen benachteiligt werden. Für diese Forderung kamen laut CVP 121’460 Unterschriften zusammen.
Bundesrat hat reagiert
Die Abschaffung der so genannten Heiratsstrafe befürwortet auch der Bundesrat. Er hat deshalb im August eine Revision des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer in die Vernehmlassung geschickt.
Mit dieser Gesetzesänderung würde der Steuerbetrag eines Paares mit dem Betrag verglichen, den beide Ehepartner nach individuellem Tarif bezahlen müssten. Bezahlen müsste das Paar den niedrigeren Betrag. Die Steuerausfälle sollen nach dem Vorschlag der Regierung über eine Erhöhung der Mehrwertsteuer kompensiert werden.
Die zweite Initiative, welche die CVP am Montag einreichte, will Kinder- und Ausbildungszulagen von den Steuern befreien. Im Parlament war die Partei mit dieser Forderung gescheitert. Für die Initiative sammelte die CVP 119’681 Unterschriften. Die Bundeskanzlei prüft nun die Gültigkeit der Unterschriften für die beiden Initiativen.
Die letzte Volksinitiative, welche die Christlichdemokraten zustande gebracht hatten, war die Initiative zur Einführung des Proporzwahlsystems. Das Begehren, welches die damaligen Katholisch-Konservativen gemeinsam mit den Sozialdemokraten lanciert hatten, wurde 1918 vom Volk angenommen.
SVP will Eigenbetreuung fördern
Neben den beiden CVP-Initiativen steht auch eine Familieninitiative der SVP im Raum, die vergangenes Jahr eingereicht worden war. Sie will die Eigenbetreuung von Kindern steuerlich fördern. Eltern, die ihre Kinder selbst betreuen, sollen einen mindestens gleich hohen Steuerabzug bekommen wie Eltern, die ihre Kinder fremd betreuen lassen.
Der Bundesrat hat sich gegen die SVP-Initiative ausgesprochen. Nach seiner Ansicht soll sich das Steuerrecht gegenüber verschiedenen Familienmodellen neutral verhalten und nicht einzelne Formen bevorzugen.