20 Jahre nach dem Nein zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) will CVP-Präsident Christophe Darbellay die EWR-Debatte in der Schweiz neu lancieren. Im Gegenzug soll der Bundesrat das EU-Beitrittsgesuch zurückziehen.
Dies machten am Mittwoch die „Rundschau“ des Schweizer Fernsehens und Tagesanzeiger.ch/Newsnet publik. In einem Schreiben an Tagesanzeiger.ch/Newsnet in französischer Sprache, das der Nachrichtenagentur sda vorliegt, bezeichnet Darbellay den bilateralen Weg als steinig und fast unmöglich. „Der Königsweg hat sich in eine Sackgasse verwandelt.“
Der Bundesrat suche derzeit nach einem Weg zwischen Bilateralen und EU-Beitritt, wage es aber nicht, das Kind beim Namen zu nennen („sans oser appeler un chat un chat“). „Diesen Weg gibt es“, schreibt der CVP-Präsident, „es ist vielleicht der EWR“.
Ein Beitritt zum EWR würde es seiner Ansicht nach der Schweiz erlauben, institutionelle Fragen zu klären – insbesondere bei der Übernahme europäischen Rechts oder in Bezug auf die Schlichtungsinstanz.
Trotzdem unabhängig
Ihm sei bewusst, dass der EWR von 2012 nicht mehr derjenige von 1992 sei; zahlreiche Mitglieder seien inzwischen EU-Mitglied geworden. Doch die verbliebenen EWR-Mitglieder Norwegen, Island und Liechtenstein profitierten stark von den Vorteilen des Wirtschaftsraums und behielten dabei ihre Unabhängigkeit.
In der „Rundschau“ des Schweizer Fernsehens sagte Darbellay am Mittwochabend, auch die Schweiz habe sich weiterentwickelt. Die grösste Schwierigkeit von damals – die Personenfreizügigkeit – habe die Schweiz jetzt.
Der CVP-Präsident will es aber nicht bei seinem Appell belassen. Er fordert den Mut, das Volk erneut über einen EWR-Beitritt abstimmen zu lassen, wie aus seinem Papier hervorgeht.
In der „Rundschau“ sagte Darbellay, man müsse dem Volk klarmachen, dass der EWR kein EU-Trainingslager sei. Das heisse auch, „wir müssen das EU-Beitrittsgesuch der damaligen Bundesräte Delamuraz und Felber zurückziehen“.
„Wir wollen nicht in die EU, das ist ganz klar“, sagte Darbellay. Wenn man das Beitrittsgesuch zurückziehe, kläre dies die Situation.
Bereits im Oktober hatte alt Staatssekretär Franz Blankart in Lausanne für einen an die heutigen Gegebenheiten angepassten EWR plädiert. Nur so könne sich die Schweiz aus der Sackgasse manövrieren, in der sie in Sachen Beziehungen mit der EU stecke. Blankart war Schweizer Chefunterhändler für die 1992 abgelehnten EWR-Verträge.