Mehr Geld verdienen Nike, Adidas und Co. nicht mit Olympia. Im Gegenteil. Zunächst kostet das Ringespektakel vor allem. Doch die Hersteller haben ohnehin anderes im Sinn: für sie bieten die Spiele die Chance, sich international und vielseitig zu präsentieren.
In Rio starten vom 5. August an mehr als 10’000 Athleten bei den ersten Olympischen Spielen in Südamerika. Sie werden die neuesten und buntesten Schuhe, Trikots, Leibchen, Trainingsanzüge, Sport-BHs, Gymnastikbodys und Schwimmanzüge auf der grössten Modenschau der Welt vor Milliarden von TV-Zuschauern vorführen.
«Das ist positiv für den gesamten Sport, aber in Umsätzen kann man das seit Jahren nicht erkennen», sagt Werner Haizmann, Präsident des Verbands Deutscher Sportfachhandel (VDS). Anders als bei einem Fussball-Grossereignis oder anderen populäreren Einzelsport-Turnieren bleibe das grosse Geschäft mit den entsprechenden Sportutensilien bei Olympia aus.
Keine dramatischen Käufe
Auf den ersten Blick und oberflächlich betrachtet seien die Fussball-Topevents und Olympia zwar ähnliche sportliche Grossereignisse, sagt Fondsmanager und Branchenkenner Thomas Jökel von der Union Investment. «Aber wenn Usain Bolt den 100-Meter-Lauf gewinnen sollte, wird das keine dramatischen Käufe von Puma-Laufschuhen nach sich ziehen», betont er.
Die Masse an Disziplinen während Olympia sei dafür zu breitgefächert. Und Sportarten wie Diskuswurf, Bogenschiessen und Bahnradfahren sind keine Massensportarten. «Aber natürlich ist Olympia eine Marketing-Plattform, um sich zu präsentieren – wenn auch nicht so gewinnkommerziell wie bei einer Fussball-EM oder -WM», sagt Jökel.
Noch-Adidas-Vorstandschef Herbert Hainer, der unmittelbar nach Olympia den Staffelstab an seinen Nachfolger Kasper Rorsted weitergeben wird, sieht das Ringespektakel von der Bedeutung aber dennoch noch eine Stufe über den Fussball-Grossereignissen. «Olympia ist viel umfassender, weil alle Facetten des Sports angesprochen werden. Fussball ist sehr populär, aber nicht jeder ist ein Fussball-Fan», urteilte er im Vorfeld der vergangenen Olympischen Spiele 2012 in London.
Vielseitigkeit
Die Vielseitigkeit des Sports könne Adidas vor allem bei Olympia darstellen. Mit den Sommerspielen sei Sport 17 Tage lang in aller Welt ein Riesenthema. «Das führt oft dazu, dass die Menschen sich vornehmen, fitter sein zu wollen – und dazu kaufen sie dann natürlich die entsprechenden Produkte», sagt eine Adidas-Sprecherin.
Deshalb engagiert sich nicht nur die Marke mit den drei Streifen auch in Rio wieder mächtig. Medienwirksam tragen die deutschen Sportler bei der Eröffnungs- und Schlussfeier Adidas-Kleider. Der gesamte Deutsche Olympische Sportbund bekommt die Kollektion des deutschen Unternehmens für seine rund 450 Sportler und 300 Betreuer kostenlos gestellt.
Dazu stattet Adidas fünf weitere Nationale Olympische Komitees aus, etwa die Athleten aus Grossbritannien und Australien. Allein das dürfte den Konzern eine Millionensumme kosten. Dazu kommen die Sponsorings einzelner Sportler und einzelner nationaler Einzelsportverbände.
Die Konsumenten werden von der Kollektion allerdings nur wenige Teile in den Läden wiederfinden. Bei Olympia gehe es weniger um den reinen Produktverkauf wie bei einem Fussball-Turnier, wo der Trikot- und Schuhabsatz im Zweijahres-Turnus einen ordentlichen Geldsegen beschert. Die Olympischen Spiele hätten einen «indirekten Effekt auf die Steigerung der Markenpräsenz und Markenbegehrtheit», drückt es ein Puma-Sprecher aus.
Style
Marketingexperte Fabian Fischer von Adidas sagte dem Portal der weltgrössten Sportmesse Ispo: «Da geht es um die Sichtbarkeit unseres aktuellen Styles. Schliesslich machen wir einen grossen Teil unseres Umsatzes durch Leisurewear.» Athleisure heisst das Phänomen, dank dem die Sportartikler mittlerweile auch bei Freizeitmode ordentlich mitverdienen.
Allerdings sind die Franken anders als etwa in Peking 2008 und London 2012 kein offizieller Rio-Partner. «In Brasilien haben wir uns dagegen entschieden, weil wir durch die Fussball-WM dort vor zwei Jahren, was die Sichtbarkeit angeht, schon gut aufgestellt sind», erklärt eine Sprecherin. Weltmarktführer Nike sieht das offenbar anders: Der Deal zum offiziellen Lieferanten des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) in Rio soll Medienberichten zufolge ein zweistelliges Millionensümmchen gekostet haben.
Dementsprechend rigoros sind die Vorschriften für die einzelnen Sportler und ihre eigenen Sponsoren. In Regel 40 der Olympischen Charta ist für jeden Athlet penibel aufgelistet, was erlaubt ist und was nicht. «Kein Wettkampfteilnehmer, Trainer, Betreuer oder Funktionär darf seine Person, seinen Namen, sein Bild oder seine sportliche Leistung für Werbezwecke während der Olympischen Spiele einsetzen, ausser dies wurde vom IOC genehmigt», lautet der Grundsatz. Präsenz in Rio müssen sich die Firmen stattdessen teuer erkaufen.