Die Stiftung Digger DTR aus dem Berner Jura arbeitet an einer Revolution bei der Minenräumung. Hunde, die mit GPS-Sender, Kamera und Mobiltelefon unterwegs sind, sollen Minenfelder effizienter und kostengünstiger absuchen als heute.
Das rund 700 Gramm schwere Gerät von Digger ermöglicht einen freieren Einsatz von Minensuchhunden. Die Tiere, denen das Gerät angeschnallt wird, müssen nämlich nicht mehr an der Leine geführt werden und können sich so auf einer Distanz von rund 100 Metern selbstständig bewegen, statt nur einiger Meter.
Erschnüffelt der Hund den Sprengstoff einer Mine, setzt er sich daneben, um den Fund zu melden. Mit GPS-Sender und Kamera kann sodann der Hundeführer die Stelle bestätigen, bevor er dem Hund über das Mobiltelefon einen neuen Befehl gibt.
Die Tonqualität des Mobiltelefons sei eine besonders grosse Herausforderung gewesen, sagte Digger-Gründer Frédéric Guerne im Gespräch mit der Nachrichtenagentur sda. «Der Hund muss die Stimme seines Herrchens wiedererkennen.» Die Kamera helfe dem Hundeführer vor allem sicherzustellen, dass der Hund tatsächlich nach Minen suche und nicht etwa einem Schmetterling nachjage.
Mehr Effizienz
«Heute braucht die Minenrämung zu viel Zeit; es ist wichtig, die Effizienz zu verbessern», sagte Sandra Montagne, die Co-Geschäftsführerin der Organisation Welt ohne Minen. Die in Zürich ansässige Stiftung widmet sich der Grundlagenforschung für die Minenräumung.
«Es gibt kilometerweise Gebiete, in denen Minen vermutet werden», sagte Andrea von Siebenthal, Sprecherin des Geneva International Centre for Humanitarian Demining GICHD, das die seit 2014 laufende Entwicklung des Digger-Systems finanziell unterstützt. Alle diese Gebiete zu räumen, koste enorm viel Geld und benötige viel Zeit.
Das Digger-Gerät erlaube einen «Paradigmenwechsel», sagte Guerne. «Der Hund sucht nicht mehr einzelnen Minen, sondern er sucht das Minenfeld ab.» Eine solche Suche nehme ein Drittel der Zeit einer klassischen Suche in Anspruch und senke die Kosten um 60 Prozent.
Nur ein Unfall
Die Idee sei von Hundeführern selbst ersonnen worden, sagte Guerne weiter. «Sie waren frustriert, dass das enorme Potenzial ihres Tiers nicht ausgeschöpft wird.»
Bei der traditionellen Methode wird der Hund an einer Leine über ein Gebiet geführt, auf dem Felder abgesteckt werden. Der Auslauf von rund 10 Metern wird dem Können der Hunde aber in keiner Weise gerecht. Zudem kostet das Absuchen auf diese Art viel Zeit und kann auch gefährlich sein für den Hundeführer.
Bis heute sei es mit dem neuen System zu einem einzigem Unfall gekommen, sagte Guerne. Dieser sei durch eine Hundeleine ausgelöst worden, die eine Mine zur Explosion brachte. Der Hundeführer sei dabei verletzt worden, der Hund unversehrt geblieben.
Die belgischen Schäferhunde (Varietät Malinois), die mit den Geräte auf Minensuche geschickt werden, sind von der norwegischen Minensuch-Organisation NPA trainiert worden. «Die Hunde müssen aktiv sein und Lust am Suchen haben. Im besten Fall riechen sie Sprengstoff auf sieben bis acht Meter Entfernung», sagte Andrea von Siebenthal von GICHD. Nur die besten Hunde werden für die Suche nach Minen ausgewählt. Die übrigen landen bei der Polizei.
In Bosnien und Kambodscha
Welt ohne Minen finanzierte Anfang Jahr die Bestellung von 40 Stück der Systeme, die soeben fertigstellt wurden. Der Preis beläuft sich auf 6000 Franken pro Exemplar und schliesst die Ausrüstung für Hund und Herrchen mit ein.
In Bosnien wird die Digger-Erfindung als erstes ab November eingesetzt. Geplant sind auch Einsätze in Kambodscha, wo bereits die Tests der Prototypen stattfanden. Als weitere Projektländer werden Kolumbien und Irak ins Auge gefasst.