Das «Lächeln» des bizarren Urwurms Hallucigenia

Es ist zwar nicht gerade das Lächeln der Mona Lisa, und doch sind seine Entdecker stolz darauf: Forscher haben herausgefunden, dass der stachelbewehrte Urzeit-Wurm Hallucigenia einen Zahnkranz um den Mund und weitere Zähne im Rachen besass.

Nicht gerade Mona Lisa: Das «Lächeln» von Hallucigenia bestand aus einem Ring von spitzen Zähnen ums Maul. Der Wurm lebte vor 500 Millionen Jahren im Meer. (Bild: sda)

Es ist zwar nicht gerade das Lächeln der Mona Lisa, und doch sind seine Entdecker stolz darauf: Forscher haben herausgefunden, dass der stachelbewehrte Urzeit-Wurm Hallucigenia einen Zahnkranz um den Mund und weitere Zähne im Rachen besass.

Martin Smith von der britischen Cambridge Universität und Jean-Bernard Caron vom Royal Ontario Museum in Kanada haben ein etwa 500 Millionen Jahre altes Fossil mit einem Elektronenmikroskop untersucht. Sie wollten Augen finden. «Wir waren erstaunt, nicht nur zwei Augen, sondern auch eine Reihe von Zähnen zu finden, die uns schalkhaft anlächelten», sagte Smith der Nachrichtenagentur AFP.

Die Entdeckung, die in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht wurde, erlaubt einen etwas klareren Blick auf dieses seltsame Tier, das im Kambrium lebte. In dieser Periode explodierte die Zahl der mehrzelligen Organismen und auf der Erde fand eine gewaltige Vervielfältigung der Arten statt.

Die Forscher untersuchten Dutzende Fossilien aus dem Burgess-Schiefer in den kanadischen Rocky Mountains, einer der bedeutendsten Fossilienlagerstätten der Welt. Der prähistorische Wurm wurde um 1900 entdeckt und in den 1970er Jahren von Simon Conway Morris wissenschaftlich beschrieben. Er taufte ihn wegen seiner seltsamen Form Hallucigenia.

«Hockeystock mit Beinen und Stacheln»

Der Wurm war zwischen einem und fünf Zentimetern lang und gleicht einem «Hockeystock mit sieben Beinpaaren und soliden Stacheln», sagt Smith. Er lebte am Meeresgrund vor 515 bis 505 Millionen Jahren.

Zunächst waren Forscher davon ausgegangen, dass das Tier auf den Stacheln ging und Tentakel am Rücken hatte. Inzwischen wurde das Schema umgekehrt: Die Tentakel waren mit Krallen besetzte Beine, die Stacheln befanden sich auf dem Rücken. Aber der Streit, wo vorne und wo hinten war, ging weiter.

Die Augen und das Lächeln

Smith und Caron stellten bei Fossilien im Royal Ontario Museum in Toronto fest, dass eine ballonförmige Struktur, die für den Kopf des Tiers gehalten worden war, in Wahrheit Kot war und somit den Anus des Tiers kennzeichnete. Also richteten sie das Mikroskop aufs andere Ende, das nun die Bezeichnung Kopf verdiente.

Nachdem sie dieses von Sediment gereinigt hatten, entdeckten sie die Augen, aber auch das «Lächeln» von Hallucigenia. «Der Mund war von einem Ring aus Zähnen umgeben, die vermutlich das Einsaugen von Nahrung erleichterten», erklärte Smith. Im Rachen fanden sie weitere Zähne, spitz wie Stecknadeln, die vermutlich das Zurückfliessen von Nahrung verhindern sollten.

Hallucigenia ist am nächsten verwandt mit den Stummelfüsslern, Würmern mit Beinen, die heute in tropischen Wäldern leben. Sie gehören zum grossen Stamm der Häutungstiere, deren Entwicklung durch Häutungen voranschreitet, und dem viele Würmer und sämtliche Insekten und Krustentiere angehören.

Die Zähne von Hallucigenia glichen denen der Häutungstiere, erklärte Caron. Deshalb sei anzunehmen, dass sie einen gemeinsamen Vorfahren hatten, der diese Art von Zähnen im Rachen trug.

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