Das Parlament will wie der Bundesrat an der allgemeinen Wehrpflicht festhalten. Der Ständerat empfiehlt wie der Nationalrat ein Nein zur Volksinitiative für die Aufhebung der Wehrpflicht. Das letzte Wort hat nun das Stimmvolk. Einen Gegenvorschlag gibt es nicht.
Der Ständerat beschloss die Ablehnung zur Volksinitiative der Gruppe Schweiz ohne Armee (GSoA) am Dienstag mit 34 gegen 7 Stimmen. Nur mit einer allgemeinen Wehrpflicht stünden der Armee weiterhin genügend Ressourcen und ziviles Wissen zur Verfügung, lautete der Tenor der bürgerlichen Mehrheit.
Stückweise Demontage der Armee
Peter Bieri (CVP/ZG) nannte die Initiative staatspolitisch gefährlich: „Es geht darum, der Armee das Fundament des guten Humankapitals zu entziehen.“ Alex Kuprecht (SVP/SZ) sprach von einer stückweisen Demontage der Armee. „Mit der Sicherheit darf und kann nicht gespielt werden“, hielt Urs Schwaller (CVP/FR) fest.
Thema war auch der bevorstehende Abstimmungskampf. Gewisse Voten erinnerten an den kalten Krieg oder seien „Copy-Paste-Varianten“ der Voten aus der Armeedebatte der achtziger Jahre, konstatierte Anita Fetz (SP/BS). „Wenn Sie in diesem Ton in die Abstimmung gehen, mobilisieren Sie sämtliche Gegner der Armee nochmals.“
Die Sinnfrage müsse im Abstimmungskampf vor allem jungen Menschen verständlich gemacht werden, hielt Paul Niederberger (CVP/NW) fest. Werner Luginbühl (BDP/BE) forderte: „Der Abstimmungskampf muss auch dazu dienen, die Wirtschaft an ihre Verantwortung zu erinnern.“ Stabilität als Standortvorteil der Schweiz komme nicht von selbst.
„Problematische Selektion“
Eine rot-grüne Minderheit der sicherheitspolitischen Kommission (SIK) hätte die Initiative annehmen wollen. Vertreter Roberto Zanetti (SP/SO) sprach die problematische Selektion an, die sich bei einer Milizarmee ebenso stellten wie bei der Freiwilligenarmee. Die Armee brauche heute weniger Männer als dass diensttauglich seien.
Er fragte sich deshalb, wer denn die Wehrpflicht noch erfüllen solle: „Übermotivierte Rambos, besonders Pflichtbewusste und Gemeinschaftsorientierte, Perspektivenlose oder einfach die Gutmütigen und Tollpatschigen?“ Er hätte sich einen Gegenvorschlag mit einem „klug konzipierten Dienstpflichtmodell“ gewünscht.
Es fehle der Wille, sich mit echten Alternativen zur Wehrpflicht auseinanderzusetzen, stellte This Jenny (SVP/GL) fest und verwies wie schon Zanetti auf eine allgemeine Dienstpflicht – auch für Frauen. Sie stärke das Bewusstsein für Freiwilligenarbeit. Die allgemeine Wehrpflicht sei doch nur noch eine „Phantompflicht“.
Skepsis gegenüber allgemeiner Dienstpflicht
Verteidigungsminister Ueli Maurer zeigte sich skeptisch gegenüber einer allgemeinen Dienstpflicht. Mit einer solchen laufe man Gefahr, Freiwilligkeit als erfüllte Dienstpflicht zu betrachten und damit die Freiwilligenarbeit letztlich zu schwächen, gab er zu bedenken. Ausserdem stellten sich Abgrenzungsfragen.
Zur Wehrgerechtigkeit sagte Maurer, dass in den vergangenen 30 Jahren jeweils rund 80 Prozent eines Jahrgangs Dienst in der Armee oder im Zivilschutz hätten leisten können. Dieser Anteil habe sich nur wenig verändert. „Man kommt nicht einfach vom Dienst weg.“
Der Nationalrat hatte die Initiative mit 121 zu 56 Stimmen bei 6 Enthaltungen abgelehnt. Gescheitert waren in der grossen Kammer auch zwei Anträge, der Initiative einen Gegenvorschlag entgegen zu stellen. Ein Vorschlag sah einen für Männer obligatorischen Bürgerdienst vor, der andere die Wahl zwischen Militär und zivilem Ersatzdienst.
Die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) hatte ihre Initiative „Ja zur Aufhebung der Wehrpflicht“ im Januar 2012 mit knapp 107’000 gültigen Unterschriften eingereicht.