Das Spiel gegen Basel – Razgrad kann es kaum erwarten

Es wird eine eher trostlose Atmosphäre im Nationalstadion von Sofia herrschen, wenn der FC Basel am Mittwoch (20.45 Uhr) gegen Razgrad zum ersten Durchgang im Playoff zur Champions League antritt. Dafür ist der Erfolgshunger bei den Bulgaren umso grösser, ähnlich wie Vor- und Zuversicht beim FC Basel.

20.08.2013; Sofia; Fussball Champions League Play-off; PFC Ludogorez Razgrad - FC Basel; Training FC Basel; Georg Heitz, Adrian Knup, Ruedi Zbinden und Praesident Bernhard Heusler (Andy Mueller/freshfocus) (Bild: Andy Müller/freshfocus)

Es wird eine eher trostlose Atmosphäre im Nationalstadion von Sofia herrschen, wenn der FC Basel am Mittwoch (20.45 Uhr) gegen Razgrad zum ersten Durchgang im Playoff zur Champions League antritt. Dafür ist der Erfolgshunger bei den Bulgaren umso grösser, ähnlich wie Vor- und Zuversicht beim FC Basel.

«Wir sind glücklich, dass dieser Tag kommt. Die Spieler können es kaum erwarten.» Aus Stoycho Stoev spricht die pure Vorfreude auf das Playoff-Hinspiel. Ludogorets Razgrad, erst in den letzten drei Jahren zur Blüte gebracht, klopft zum ersten Mal an die Tür zur Champions League. Aber der Trainer des kleinen Vereins aus dem Nordosten Bulgariens weiss auch, was nötig sein wird, um über die Schwelle zu treten: «Wir werden auf europäischem Niveau unsere Klasse zeigen müssen.»

Die freudige Erwartungshaltung des Emporkömmlings aus der Provinz steht im krassen Gegensatz zur Anteilnahme in der Hauptstadt. «Das Schicksal von Ludogorets kümmert in Sofia niemand», sagt ein einheimischer Journalist.

Kaum Tickets verkauft

Dass die Partie aus dem kleinen, dichten und gerade einmal 8000 Zuschauer fassenden Stadion in Razgrad in die Uefa-taugliche Nationalarena von Sofia verlegt werden musste, wird sich auf die Atmosphäre niederschlagen: Im weiten Oval des Vasil-Levski mit seinen 40’000 Plätzen werden sich nicht viele Schaulustige verlieren. Informationen zum Vorverkauf schwankten am Dienstag zwischen 1000 und 4000; 500 Tickets hat der Verein in Razgrad selbst verkauft und zehn Reisebusse für die Fans organisiert.

Valentin Stocker ist nach der Erfahrung in Tel Aviv nicht unfroh darüber, dass das Spiel nicht in Razgrad stattfindet: «Wir haben gesehen, zu was eine Mannschaft fähig ist, wenn sie ein volles Stadion im Rücken hat.» Der 24-Jährige, der den FCB nach dem Ausfall von Marco Streller als Captain anführen wird, relativiert jedoch auch: «Schlussendlich ist es immer noch das selbe Spiel.»

Die Offerte, allen Jugendlichen freien Eintritt zu gewähren, wird es kaum herausreissen. Die Sofioten geniessen ihren Sommerurlaub am Schwarzen Meer, am Verkehr in der 1,2-Millionen-Einwohner-Metropole merkt man das und selbst die den 67. Tag anhaltenden Demonstrationen gegen die Regierung ziehen derzeit nicht die Massen an. Waren es anfangs Zehntausende, die sich jeden Abend gegen acht Uhr auf dem zentralen Platz Narodno Sabranie versammeln, sind es jetzt noch einige Tausend.

Razgrad: Der Wille ist vorhanden – aber auch die Klasse?

Unabhängig davon beschäftigt die bulgarischen Medien die Frage, ob Ludogorets neben dem Willen auch die Klasse besitzt, um in die Königsklasse vorzustossen. «Basel, das muss man nicht gross erklären, besitzt eine grosse europäische Erfahrung», sagt Stoev. Der FCB ist seit fast 15 Jahren Dauergast auf internationaler Bühne, Razgrad betrat diese erst letztes Jahr und scheiterte in der zweiten Qualifikationsrunde zur Champions League an Dinamo Zagreb (1:1, 2:3).

Jetzt sieht es etwas anders. Mit dem überraschenden Trainerwechsel von Meistermacher Ivailo Petev zu Stoev hat Razgrad nach drei Niederlagen zu Saisonbeginn (inklusive Supercup) in die Erfolgsspur zurückgefunden. Sieben Siege – drei davon in der Champions-League-Ausscheidung gegen Slovan Bratislava und Partizan Belgrad – haben den Appetit einer Mannschaft genährt, für die der Sprung in die Königsklasse nichts weiter als eine Sensation darstellten würde.

Yakin spürt den Hunger des Gegners

Murat Yakin liess am vergangenen Samstag das Cupspiel seiner eigenen Mannschaft aus und reiste nach Bulgarien. Mit dem Segen der Clubführung. «Der Trainer meinte, es sei ihm wohler, wenn er den Gegner vorher einmal live gesehen hat», sagt Präsident Bernhard Heusler. In Plovdiv sah Yakin Razgrad 1:0 siegen, aber auch eine Startelf, die auf mindestens vier Positionen nicht der entsprach, die am Mittwoch dem FCB gegenüberstehen wird.

«Ich habe eine Mannschaft gesehen, die bereit sein wird, den Kampf aufzunehmen und die sehr unangenehm zu spielen sein wird. Hatte es der FCB gegen Tel Aviv noch mit einem Gegner zu tun, den Yakin in «fünf Defensive und fünf Offensive» zweiteilte, so empfindet er Razgrad als kompakteres Team. Was Yakin ausser der Erkenntnis, «dass auch in Bulgarien Fussball gespielt wird», vom Kurztrip mitgenommen hat: «Man spürt, dass sie diese Playoffs als riesige Chance für sich sehen.»

Der wirtschaftliche Druck schwingt mit

Im Gegensatz dazu ist für den FC Basel die Gruppenphase zum selbstverständlichen Ziel geworden und stellt das Verpassen – zumal gegen einen deutlich niedriger dotierten Gegner – eine Enttäuschung dar. Da bleibt für den Verlierer des Playoff die automatische Qualifikation für die Europa League nicht mehr als ein Trostpreis, auch wenn der – wie in diesem Frühjahr mit dem Halbfinaleinzug erlebt – sich als wertvoller erweisen kann als angenommen.

Nicht zu vergessen neben dem sportlichen Aspekt sind die Millionen aus der Champions League, die massgeblich zum wirtschaftlichen Erfolg beitragen. Rund 20 Millionen Franken sind zu verdienen, von denen acht bis zehn Millionen, so Präsident Heusler, netto beim Jahresergebnis hängen bleiben.

Das wird unterschwellig mitschwingen, wenn der FCB am Mittwoch zur späten Anspielzeit um 21.45 Uhr Ortszeit ins Nationalstadion einlaufen wird. Gute Erinnerungen haben die Basler an  diese Stätte: Vor knapp vier Jahren wurde an dieser Stelle der CSKA Sofia in der Europa League nach überlegen geführtem Spiel 2:0 bezwungen.

Yakin hat nichts zu befürchten

Von Irrungen und Wirrungen der zurückliegenden Tage, von Personalwechseln und sonstigen Unkereien will Sportdirektor Georg Heitz nichts wissen: «Ich habe ein gutes Gefühl. Wir wollen in Sofia vorlegen.» Und Bernhard Heusler hat sich am Dienstagmorgen auf der Fahrt zum Flughafen von Heitz die gröbsten Sorgen nehmen lassen. «Man sollte nicht auf Abwesende fokussieren, sondern denen vertrauen, die spielen», so Heusler, «bei Zenit St. Petersburg haben wir auch ohne Streller und ohne Stocker bestanden. An diese Erfahrung halte ich mich.»

Die Erfahrung lehrt jedoch auch: Mit dem Ausscheiden in den Playoffs vor einem Jahr verstärkte sich der vereinsinterne Prozess, der ein paar Wochen später in der Trennung von Heiko Vogel mündete. Das hat Murat Yaki allem Anschein nach nicht zu befürchten. Auch dem Rückstand in der nationalen Meisterschaft will der Trainer noch keine allzu grosse Bedeutung beimessen: «Das schauen wir uns dann ab Donnerstag wieder an.»

 

Kay Voser für Philipp Degen

Ein – eigentlich nicht gestatteter – Blick aufs Abschlusstraining des FC Basel im Vasil-Levski-Stadion scheint zu bestätigen, was Yakin angedeutet hat: Kay Voser beginnt allem Anschein nach am Mittwoch gegen Ludogorets Razgrad als Rechtsverteidiger anstelle von Philipp Degen.

Ansonsten sind keine Überraschungen zu erwarten. Arlind Ajeti beginnt für den nicht spielberechtigten Neuzugang Ivan Ivanov, der die Reise nach Sofia nicht mitgemacht hat und in Basel trainiert, obwohl er immerhin als Ortskundiger hätte fungieren können.

Das Defensivverhalten betrachtet der FCB-Trainer derzeit als die noch grösste Baustelle in seinem Team: «Da sind wir nicht sattelfest.» Matias Delgado (Yakin: «Er fühlt sich noch ein bisschen müde») ist als Einwechselspieler eingeplant, und vorne glaubt der Trainer, das Risiko mit Giovanni Sio eingehen zu können: «Er kann Marco Streller zwar noch nicht ersetzen, aber es ist durchaus möglich, dass er von Anfang an spielt.»

Des Trainers Marschroute gegen das auf grosser Geschlossenheit und schnellen Kontern basierende Spiel des Gegners lautet: «Auswärts müssen wir resultatsorientiert spielen. Aber es wird zwei Klasseleistungen brauchen, um in die Champions League zu kommen.» Als Spieler kennt Yakin diese Veranstaltung, als Trainer wäre der Sprung in die Königsklasse eine weitere Bestätigung für ihn.

Selbstredend traut er seinem Team den Schritt zu: «Wir haben eine junge Mannschaft», sagt Yakin, «aber auch eine, die letzte Saison internationale Erfahrung gesammelt und an Reife gewonnen hat.»

Champions League, Playoff, Hinspiel
Ludogorets Razgrad–FC Basel
Mittwoch, 20.45 Uhr MESZ (SRF 2)
Sofia, Vasil-Levski-Stadion. – SR Wolfgang Stark (Deutschland).

Mögliche Aufstellungen
Ludogorets Razgrad (4-2-3-1): V. Stoyanov; Junior, Mito (Mäntylä), Minev; Zlatinski, Dyakov; I. Stoyanov, Marcelinho, Analo (Misidjan); Bezjak.
FC Basel (4-1-4-1): Sommer; Voser, Schär, Ajeti, Safari; Frei; Salah, Diaz, Elneny, Stocker; Sio.

Bemerkungen: Razgrad komplett; FCB mit 21 Spielern in Sofia ohne Streller, Serey Die, Ritter (alle verletzt), Ivanov, Pak (nicht spielberechtigt), Adili, Kusunga (ohne Aufgebot).

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