Mit Bern und den ZSC Lions duellieren sich ab heute zwei Teams im Playoff-Final, mit denen noch vor wenigen Wochen kaum jemand gerechnet hat. Ein klarer Favorit ist nicht auszumachen.
Ein Finaltipp Bern gegen die ZSC Lions hätte noch vor einem Monat vermutlich Kopfschütteln, aber ganz sicher hohe Wettgewinne ausgelöst. Doch dank einer Steigerung zum richtigen Zeitpunkt hievten sich die Berner und Zürcher zu den letzten verbliebenen Anwärtern auf den Meisterpokal. Die Wege der Finalisten verliefen in dieser Saison fast identisch: ein schwieriger Herbst mit Teamleadern, die ihre Form suchten, ausbleibende Resultate und schliesslich die Auferstehung im neuen Jahr respektive in den Playoffs.
In Bern gipfelte fehlendes Spektakel im Oktober in einer der ungewöhnlichsten Trainerentlassungen im Schweizer Eishockey. Marc Lüthi, der CEO des SCB, stieg nach einer 1:2-Niederlage nach Verlängerung – ausgerechnet gegen die ZSC Lions – und einem gellenden Pfeifkonzert der Zuschauer in die Katakomben der PostFinance-Arena hinab und ersetzte Larry Huras auf der Stelle durch Antti Törmänen. Diese Zürcher müsse man „locker schlagen“, gab Lüthi damals zu Protokoll. Ein knappes halbes Jahr verdeutlicht die Aussage, welche Entwicklung die beiden Teams hinter sich haben. In der Tat spielte der ZSC damals mindestens so schlecht wie der SCB.
Nun begegnen sich die beiden Mannschaften im finalen Kampf um den Titel wieder. In den Playoffs warfen beide Teams zwei höher kotierte Gegner oder im Fall von Berns Viertelfinal-Kontrahent Kloten einen mindestens gleichwertig eingestuften Konkurrenten aus dem Meisterrennen. Der ZSC blieb bisher in den Playoffs ungeschlagen. Berns Trainerneuling Törmänen und Zürichs NHL-gestählter Trainerfuchs Bob Hartley formten ihre Teams rechtzeitig in Bestform.
Was könnte also den Ausschlag geben in diesem vermutlich ausgeglichenen Finalduell? Vielleicht sind es die zuletzt verletzten „Edeljoker“, die nach den Eindrücken in den Abschlusstrainings vom Montag auf den Plan rücken könnten. Beim ZSC trainierte der Kanadier Domenico Pittis nach seiner Knieverletzung wieder voll mit. Er könnte seinen Landsmann Blaine Down heute im ersten Spiel aus dem Team verdrängen. In Bern scheinen Stürmer Thomas Déruns (Hirnerschütterung) und für den Notfall auch der kanadische Verteidiger Travis Roche (Knie) für Einsätze wieder bereit zu sein. Zudem besitzt Törmänen mit Jean-Pierre Vigier (zuletzt immer überzählig) einen weiteren Trumpf in der Hinterhand. Der Kanadier nahm noch beim letzten Berner Titelgewinn vor zwei Jahren eine Schlüsselposition ein.
Für Ambri-Piotta geht es in der Ligaqualifikation ab heute gegen den euphorisierten NLB-Meister Langenthal wie im Vorjahr ums sportliche Überleben. Um in der NLA zu bleiben, müssen die Tessiner in der Best-of-7-Serie einen Weg zurück zum Siegen
Die Bilanz im Jahr 2012 ist niederschmetternd. Von 24 Partien gewann Ambri lediglich drei. Im Playout blieb das Team von Trainer Kevin Constantine sowohl gegen die SCL Tigers als auch gegen Genève-Servette sieglos. Vor eigenem Publikum warten die Tessiner gar seit zwölf Partien und dem 4:3 gegen Bern am 23. Dezember 2011 auf einen Sieg. Die Zahlen erinnern an den EHC Basel, der 2008 nach einer ähnlich schlechten Saison den Gang in die NLB hat antreten müssen. Nun wartet auf Ambri in der Serie der letzten Hoffnung der SC Langenthal. Die Oberaargauer schwebten in den NLB-Playoffs auf einer Erfolgswelle und haben mit dem Meistertitel den grössten Erfolg der Klubgeschichte geschafft.