Das Volk soll zum Status der Krim befragt werden

Nach dem Machtwechsel in der Ukraine spitzt sich die Lage auf der Halbinsel Krim zu: Bewaffnete besetzten am Donnerstag die Gebäude von Regionalregierung und Parlament. Das prorussische Parlament sprach sich für eine Volksbefragung über die Autonomie der Region aus.

Pro-russischer Demonstrant vor dem Regierungsgebäude in Simferopol (Bild: sda)

Nach dem Machtwechsel in der Ukraine spitzt sich die Lage auf der Halbinsel Krim zu: Bewaffnete besetzten am Donnerstag die Gebäude von Regionalregierung und Parlament. Das prorussische Parlament sprach sich für eine Volksbefragung über die Autonomie der Region aus.

In Simferopol, der Hauptstadt der Krim, zerschossen am Morgen etwa 30 Männer die Eingangstüren und verschafften sich Zugang zu Regierungssitz und Parlament und hissten die russische Flagge. Die Gruppe bezeichne sich als Selbstverteidiger der russischsprachigen Bevölkerung der Krim. Das prorussische Krim-Parlament will nun in einer Volksbefragung über die Zukunft der eigenen Autonomie entscheiden lassen.

«Durch die verfassungswidrige Machtübernahme in der Ukraine von radikalen Nationalisten und mit Unterstützung bewaffneter Banden sind Friede und Ruhe auf der Krim gefährdet», sagte eine Parlamentssprecherin. Die Mehrheit der Krim-Bewohner sind ethnische Russen. Die Krim war lange Zeit Teil des russischen Reiches und wurde erst 1954 Teil der Ukraine.

Russland versetzte nach der Armee auch Teile der Luftwaffe in Alarmbereitschaft und kündigte an, die Rechte seiner Landsleute auf der Halbinsel Krim «stark und kompromisslos» zu verteidigen.

Das Aussenministerium in Moskau erklärte, in der Ukraine gebe es in grossem Stil Menschenrechtsverletzungen, Angriffe und Vandalismus. Der Übergangsregierung in Kiew sprach Russland das Recht ab, im Namen aller Ukrainer zu handeln.

Washington mahnt Moskau zu Zurückhaltung

Die USA forderten Russland zur Zurückhaltung in der Ukraine-Krise auf. Verteidigungsminister Chuck Hagel sagte in Brüssel, die Vereinigten Staaten würden die Militär-Übungen an der ukrainischen Grenze sehr genau beobachten. «Ich erwarte von Russland Transparenz bei diesen Aktivitäten», sagte er.

Zudem forderte Hagel Moskau auf, «keine Schritte zu unternehmen, die falsch verstanden werden könnten oder zu falschen Einschätzungen führen könnten in einer sehr schwierigen Zeit, einer Zeit starker Spannungen».

NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen appellierte an Moskau, «nichts zu tun, was die Spannung verschärfen oder zu einem Missverständnis führen kann». Rasmussen sagte, die NATO habe «keine Informationen, die darauf hindeuten, dass Russland irgendwelche Pläne für ein militärisches Eingreifen hat».

Neuer Regierungschef in Kiew

In Kiew wurde am Donnerstag der bisherige Oppositionspolitiker Arseni Jazenjuk vom Parlament zum neuen Regierungschef gewählt. Der 39-Jährige erhielt 371 Stimmen unter anderem von der Partei Udar (Schlag) des Ex-Boxprofis Vitali Klitschko, die auf eigenen Wunsch nicht an der neuen Regierung beteiligt ist.

Im Saal waren 417 Abgeordnete, von insgesamt 450. Jazenjuk führte zuletzt die Parlamentsfraktion von Julia Timoschenkos Vaterlandspartei.

Jazenjuk beklagte die finanzielle Schlagseite der Ukraine. «Die Staatskasse ist leer. Es gibt Schulden von 75 Milliarden US-Dollar», sagte er. Das Gesamtvolumen von Zahlungsverpflichtungen liege aktuell bei 130 Milliarden US-Dollar.

Jazenjuk erhob schwere Vorwürfe gegen Ex-Präsident Viktor Janukowitsch. Es seien 37 Milliarden Dollar verschwunden, die die gestürzte Regierung als Kredit erhalten hatte. In den vergangenen drei Jahren seien insgesamt rund 70 Milliarden Dollar ausser Landes geflossen.

Janukowitsch meldet sich zu Wort

Erstmals seit seiner Entmachtung vor einer Woche meldete sich Ex-Präsident Janukowitsch am Donnerstag wieder zu Wort. Er halte sich weiter für den legitimen Staatschef und betrachtete die Entscheidungen des Parlaments als rechtswidrig, betonte er nach einer in Russland von Staatsmedien verbreiteten Erklärung.

Russland stellte den per Haftbefehl gesuchten Janukowitsch unter persönlichen Schutz und gewährte ihm demonstrativ Schutz auf seinem Territorium.

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