Filmfestivals bieten Eines gewiss: die Garantie, dass man einen guten Film verpassen wird. Zürich bietet also viel. Aber wie verpasst man das Richtige?
Zürich zeigt Flagge fürs Filmfestival
Filmfestivals bieten Eines gewiss: die Garantie, dass man einen guten Film verpassen wird. Das Zurich Film Festival bietet jetzt wieder viel Gelegenheit zum verpassen. Anfangen kann man mit «Get On Up» (in Anwesenheit von Regisseur Tate Taylor und Hauptdarsteller Chadwick Boseman). Aber verpasst man dann nicht Bill Murray?
Oder Craig Johnson? Oder den Neuen von Zach Braff? Den Untentschlossenen hilft eine weitere Gewissheit: Es gibt noch weitere gute Filme im Laufe der nächsten Tage. Und wer garantiert irgend einen Film verpassen will, kann das tun, wofür die Zürcher ihr Festival lieben: Man kann am grünen Teppich stehen und schrill kreischen. Heute abend sind unter den zahlreichen Gästen auch Bundesrätin Simonetta Sommaruga und die Zürcher Stadtpräsidentin Corine Mauch.
Filme als Hauptsache
Eine erste Übersicht macht klar: Die Qual der Wahl wird niemandem erspart. Allerdings erlaubt das Programm mit seinen Filtern eine erste Auswahl-Erleichterung: Im internationalen Wettbewerb laufen jene Filme, von denen man hoffen darf, dass sie auch in den Kinoprogrammen auftauchen werden. Der letzte Film mit James Gandolfini zum Beispiel, «The Drop», der einen eindrücklichen Thriller aus der New Yorker Halbwelt verspricht. Oder der Schweizer Beitrag «Chrieg» von Simon Jaquemet, der den Generationenkrieg oben in die Alpen verpflanzt. Beide dürften ihren Weg in die Kinos in der Schweiz finden. Auch bei den Dokumentarfilmen gibt es Filme, die man im Kino sehen wird: «The look of Silence» von Joshua Oppenheimer, der schon in Venedig auffiel. Aber darf man da sicher sein?
Das grosse Kino Zürich Filmfestival
Da begibt man sich dann doch lieber auf dünnes Eis und sucht Filme aus, von denen man noch nicht viel weiss, die aber vielleicht nie in den Kinos zu sehen sein werden. Aber welche? Will man sich etwa die verschlüsselte Parabel aus dem Iran, «Melbourne» von Nima Javidi, anschauen, wird man – in fast provozierender Ruhe – in die letzten dramatischen Stunden eines jungen Paares vor der Abreise aus dem Iran verwickelt.
Oder ein rumänischer Dokumentarfilm. «Kains Kinder» wird sicher Beifall finden, aber auch einen Markt? Selbst den isländischen Film «Vonarstræti» von Baldvin Zophoníasson schaut man sich sicherheitshalber besser während des Festivals an. Nicht einmal bei den Schweden darf man sicher sein, dass sie uns erreichen: «Svenskjävel»
Nicht zu verpassen
Was man auf keinen Fall verpassen sollte: Das Gefühl, etwas verpasst zu haben. Das fängt damit an, dass man sich mal einen Film aussucht. Ich habe mit Zach Braffs «Wish I Was Here» ausgesucht (weil ich mich so gern an «Garden State» erinnere). Aber verpasse ich dann nicht den tschechischen Kinderfilm «Das Meer sehen» von Jiri Madl oder den «Parcour d’amour» von Bettina Blümer? Ja, klar, aber wenn ich die anschaue, verpasse ich dafür auf dem grünen Teppich Cate Blanchett. Und dafür rennen doch die meisten nach Zürich: für ein kreischendes Stelldichaus.